Kolumbiens Friedensverhandlungen können weitergehen

Präsident Juan Manuel Santos wurde in der Stichwahl im Amt bestätigt

  • David Graaff, Bogota
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit tatkräftiger Unterstützung der Linken ist Juan Manuel Santos die Wiederwahl zum Staatschef gelungen. Der Fortgang des Friedensprozesses ist damit gesichert - nicht aber sein erfolgreicher Abschluss.

Der 62-jährige Juan Manuel Santos ist am Sonntag für weitere vier Jahre als Präsident Kolumbiens bestimmt worden. Wie die Oberste Wahlbehörde am nach Auszählung aller Stimmen bekannt gab, entfielen in der Stichwahl 50,9 Prozent auf den Amtsinhaber. Sein Herausforderer Oscar Ivan Zuluaga, der im ersten Wahlgang vor drei Wochen noch vorn lag, erhielt 45 Prozent der Stimmen. Insgesamt verlief der Wahltag ohne Zwischenfälle. Die Guerillabewegung FARC hatte rund um den Urnengang einen einseitigen Waffenstillstand verkündet, der noch bis Ende des Monats andauert. »Die Kolumbianer haben heute nicht für einen Kandidaten, sondern für die Sache des Friedens gestimmt«, jubelte Santos vor seinen Anhängern. Er war als Kandidat des Mitte-Rechts-Bündnisses »Unidad Nacional« angetreten. Seit Ende 2012 führt seine Regierung in Havanna Friedensverhandlungen mit der FARC. Kurz vor der Wahl hatte der Spross einer einflussreichen Hauptstadtfamilie darüber hinaus die Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit der ELN-Guerilla, der zweitgrößten Rebellengruppe im Land, bekannt gegeben.

Die Position seines Herausforderers, der für die vom rechten Expräsidenten Alvaro Uribe Velez ins Leben gerufene Partei »Centro Democratico« angetreten war, blieb unscharf. Viele Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Gespräche unter dem Rechtsaußen zum Scheitern verurteilt gewesen wären. Er erkannte das Wahlergebnis an und beglückwünschte Santos Sieg. Der verdankt seinen Erfolg auch der Linken. Die Präsidentschaftskandidatin der Linkspartei »Polo Democratico Alternativo«, Clara Lopez, hatte ihre Wähler ebenso wie der linke Bürgermeister von Bogotá, Gustavo Petro, sowie zahlreiche Intellektuelle und soziale Bewegungen dazu aufgerufen, für den Amtsinhaber und dessen Friedenskurs zu stimmen.

Besonders in der Hauptstadt, wo Santos in der ersten Runde nur wenige Stimmen geholt hatte, votierten viele Linkswähler nun für ihn. »Wir haben Wort gehalten. Dank des Beitrags der demokratischen Linken hat der Frieden gewonnen«, sagte Clara Lopez. Der Linkspolitiker Antonio Navarro Wolf twitterte: »2010 hat die Rechte Santos zum Präsidenten gewählt, 2014 die Linke. Paradox.« Ein weiterer gewichtiger Stimmenanteil kam aus den stark vom Konflikt betroffenen Regionen im Süden des Landes und aus Provinzen der Karibikküste. Dort ist der Präsident nicht nur beliebt, sondern auch gut vernetzt. Regionale politische Seilschaften hätten dem Amtsinhaber einen enormen Stimmenzuwachs beschert, schrieb das Nachrichtenportal »La Silla Vacia«.

Zudem konnte Santos, der 2010 als Nachfolger von Uribe Velez ins Amt eingezogen war und später mit diesem gebrochen hatte, auch auf zahlreiche Großunternehmer setzen. Sie hatten ihn noch kurz vor der Wahl in einem offenen Brief unterstützt, denn auch sie gingen davon aus, dass die bereits weit vorangeschrittenen Friedensverhandlungen mit der FARC und damit ein Ende des 50 Jahre andauernden Konflikts gefährdet wären, sollte die extreme Rechte erneut an die Macht kommen. Im Falle eines Friedensabkommens rechnen Experten dagegen mit einem starken Wirtschaftswachstum.

Mit dem Sieg des Amtsinhabers hat Kolumbien einen großen Schritt in Richtung Frieden gemacht. Doch droht dem Land angesichts der rund sieben Millionen Stimmen für Zuluaga und damit gegen den Friedensprozess auch eine zunehmende Polarisierung. Das im Falle einer finalen Einigung in Havanna bevorstehende Referendum dürfte also alles andere als ein Spaziergang werden. Und auch im Kongress, wo das rechte »Centro Democratico« die größte Oppositionsfraktion stellt, muss sich Santos auf Gegenwind gefasst machen. Ihr Anführer kritisierte den alten und neuen Präsidenten bereits aufs Schärfste. Sein Name: Alvaro Uribe Velez.

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