Hafenbar-Fete abgesagt

Der verödete JadeWeserPort sollte mit Hilfe einer Reedereien-Allianz gerettet werden - doch die Sache platzte

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Deutschlands einziger Tiefseehafen wirkt wie ausgestorben. Das Scheitern einer geplanten Reederei-Allianz ist nun ein weiterer Tiefschlag für den JadeWeserPort in Niedersachsen.

Gespenstisch wirkende Leere und Weite liefern die perfekte Kulisse. Kein Frachtverkehr am JadeWeserPort (JWP) in Wilhelmshaven, lediglich zwei Kommissare, die ein aktueller Fall hierher geführt hat, sorgen für Leben zwischen den leer stehenden Containern. »Ist ja überhaupt nichts los hier, krasse Fehlplanung«, meint einer der Ermittler. Die Szene ist nur Fiktion und stammt aus einem »Tatort«, doch der JadeWeserPort wirkt tatsächlich oft wie ausgestorben.

Allerdings sollte schon in naher Zukunft in Deutschlands einzigem Tiefwasserhafen vieles besser werden. Bringen sollte das eine Allianz der drei weltgrößten Reedereien, doch deren Bildung scheiterte. Jetzt sucht der Hafenbetreiber Eurogate unter Hochdruck nach Alternativen. Die Nachricht des Scheiterns bedeute »nicht, dass die Schiffe nicht nach Wilhelmshaven kommen werden«, sagte Eurogate-Sprecherin Corinna Romke. Man wolle nun mit den Reedereien Maersk, MSC und CMA/CGM einzeln sprechen. Ob das Platzen der großen Pläne auch Folgen für die Mitarbeiter von Eurogate haben könnte, wollte Romke nicht kommentieren. 2013 erreichte der Umschlag am Hafen nicht einmal 80 000 Container.

Der geplante Verbund hätte die Zahl wohl um mehrere Hunderttausend nach oben katapultieren können. Doch für ihre Allianz benötigten die Akteure die weltweite Zustimmung von Kartellbehörden. Nach den Genehmigungen aus Europa, den USA und Südkorea kam in dieser Woche das Nein vom chinesischen Handelsministerium. Schon im Vorfeld hatte sich die chinesische Allianz der Schiffsgesellschaften gegen den Verbund ausgesprochen - aus Sorge vor größerer Konkurrenz für die heimischen Reedereien COSCO und CSCL. Jetzt hieß es zur Begründung unter anderem, auf der wichtigen Asien-Europa-Route könne das geplante Konsortium rund 47 Prozent des Containerverkehrs kontrollieren. Somit entstünde aus Sicht Chinas eine hohe Marktkonzentration, die chinesischen Reedereien schaden könnte. »Mittelfristig wird das Scheitern keine Konsequenzen haben. Kurzfristig ist es aber so, dass die erhoffte Auslastung nicht erreicht werden kann«, sagte Burkhard Lemper vom Institut für Seeverkehrswirtschaft der Universität Bremen.

Niedersachsen und Bremen hatten ihr Milliardenprojekt weit vor der Beginn der Schifffahrtskrise 2008 geplant und mit einem rasanten Wachstum des Welthandels gerechnet. Trotz Problemen beim Bau konnte die für 2,7 Millionen Container im Jahr ausgelegte Anlage fast pünktlich im September 2012 eröffnet werden. Woran es von Anfang an mangelte, war Ladung. Auch die Logistikzone, in der sich Unternehmen ansiedeln sollten, steht bis heute fast leer.

»Der JadeWeserPort bleibt ein attraktiver Hafen. Kein anderer deutscher Hafen ist für große Schiffstiefen so gut aufgestellt wie Wilhelmshaven«, sagt JWP-Hafenchef Holger Banik. Der JWP bietet hier Vorteile, zum Beispiel im Vergleich zum Hamburger Hafen. Der wird zwar zunehmend von großen Schiffen angefahren, die sich auch Wilhelmshaven wünscht. Doch die Elbe ist für Riesenfrachter mit einem Fassungsvermögen bis zu 19 000 TEU eine Einbahnstraße - sie dürfen sich auf der rund 100 Kilometer langen Revierfahrt nicht begegnen. Die Hamburger Hafenwirtschaft hofft daher auf eine Verbreiterung und Vertiefung der Fahrrinne.

Bei Eurogate und in der Politik ruhen trotz des Rückschlags weiterhin die größten Hoffnungen auf einer Zusammenarbeit mit Maersk, MSC und CMA/CGM. Darauf verlassen wollen sich Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies und sein Bremer Amtskollege Martin Günthner (beide SPD) aber nicht. Beide reisten in dieser Woche nach China. dpa/nd

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