Mehmet wird mal Schmied
Senat und Handwerkskammer wollen mit einem gemeinsamen Projekt dem Fachkräftemangel entgegenwirken
Eigentlich will Reham lieber Ärztin oder Polizistin werden, aber mal richtig kräftig mit dem Hammer auf einen Amboss einzuhauen, zu sehen, wie sich die Eisenstange unter ihrer Hand verformt, »das macht schon Spaß«. Die Elfjährige geht in die sechste Klasse der Otto-Wels-Grundschle in Kreuzberg. Eine Schule, die laut Definition des Senats mit »hoher sozialer Belastung« umgehen muss, weil mindestens die Hälfte der Schüler von der Zuzahlung zu den Lehrmitteln befreit ist. »Deshalb ist es wichtig, den Kindern frühzeitig zu zeigen, welche beruflichen Möglichkeiten sie haben«, sagt Schulleiterin Christiane Steimer-Ruthenbeck.
Die Otto-Wels-Grundschule ist eine von mittlerweile 15 Berliner Grundschulen, die an dem Projekt »Berliner Schulpate« teilnehmen. Am Montag startete die Schule eine Zusammenarbeit mit dem Oberstufenzentrum (OSZ) für Konstruktionsbautechnik Hans Böckler, das gleich nebenan liegt und über 1000 Schüler in allen möglichen Berufen der Metalltechnik aus- und weiterbildet. Künftig will das OSZ den Kindern aus der Otto-Wels-Grundschule regelmäßig Einführungskurse in das Schmiedehandwerk geben. Die Fahrradständer der Grundschule kommen bereits aus einer ihrer Werkstätten.
Die »Berliner Schulpaten« gibt es mittlerweile seit anderthalb Jahren. Im Januar 2013 begann das Projekt mit sieben Grundschulen aus Kreuzberg, Marzahn-Hellersdorf und Spandau. Sie vernetzten sich mit kleineren und größeren Unternehmen in ihren Kiezen, um Kindern frühzeitig einen Einblicke in deren Arbeitsalltag zugeben - und im besten Fall einen Blick auf die Fachkräfte von morgen zu werfen. »Talente bleiben vielfach unentdeckt, oft fehlt es an Vorbildern«, sagt Stephan Schwarz, Präsident der Handwerkskammer Berlin. Bis zum Jahr 2020 werden in der Hauptstadt mehr als 360 000 Fachkräfte benötigt. Bei der Handwerkskammer sind für den nächsten Ausbildungsjahrgang im September noch 500 Azubistellen frei.
Beim Schulpatenprojekt stellen sogenannte »Kümmerer« den Kontakt zu den Unternehmen her. Sie arbeiten als Ehrenamtliche, telefonieren viel, machen Werbung, um am Ende eine gemeinsame Ideen mit den Schülern umzusetzen. »Mir ging es darum, den Kindern zu zeigen, was sie mit ihren eigenen Händen alles schaffen können«, sagt »Kümmerer« Reinhard Kurcynski. Der ausgebildete Tischler ist inzwischen Rentner und gestaltet mit den Schülern der Otto-Wels-Grundschule den Schulgarten. Er hat bereits eine Baumschule ins Boot geholt, die gerade einen Apfelbaum spendierte.
Das Patenprojekt läuft gut, mittlerweile gibt es sogar eine Warteliste. Knapp 4500 Schüler wurden so im letzten Jahr in die verschiedensten Kooperationen eingebunden. Manche sind kurzfristig angelegt, wie ein Zoobesuch für sechs Klassen der Bürgermeister-Herz-Grundschule in Kreuzberg, die der Rotary Club gespendet hatte. Andere arbeiten regelmäßig mit ihrem Partner zusammen. Die Rudolph-Hildebrand-Grundschule in Tempelhof schickt ihre Schüler zwei bis vier Mal im Monat zum Lehrbauhof nach Marienfelde, wo sie ihre eigenen Gipsfiguren gießen und gestalten.
Der dreizehnjährige Mehmet ist der einzige in seiner Klasse, der sich nach dem Tag in der Schmiedewerkstatt schon entschieden hat. »Das arbeiten mit dem Feuer war cool, das will ich später auch mal machen.«
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