Airport mit Geschmäckle

Stuttgarts Flughafen soll nach Ex-OB Rommel benannt werden - doch da gibt es ein Problem

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Betonung liegt auf Manfred. Wenn der Stuttgarter Flughafen einen neuen Namen bekommt, ist der Vorname des Patrons von entscheidender Bedeutung. Am 15. Juli wird entschieden.

Stuttgart. Auf Manfred Rommel lassen die Stuttgarter nichts kommen. Viele verehren ihren vor gut einem halben Jahr gestorbenen Alt-OB vor allem als Wächter der Toleranz. Keine Frage, dass man - wie geplant - einen Flughafen nach ihm benennen könnte. Das Problem an der Namenswahl ist jedoch Manfred Rommels Vater: Generalfeldmarschall Erwin Rommel (1891-1944), der wegen seines Einsatzes während des Afrika-Feldzugs als »Wüstenfuchs« bekannt und zum wichtigen Bestandteil der Nazi-Kriegspropaganda wurde. An welchen Rommel mag ein Amerikaner oder Japaner denken, wenn sein Flieger in Stuttgart landet? An den NS-Offizier - oder an seinen Sohn?

Ein Geschmäckle, wie man am Neckar sagt, hat der Name für Auswärtige schon. Ein Bauchgrimmen lässt sich nicht wegdiskutieren. Aus Leserbriefen in Zeitungen werden Aussagen zitiert wie: »Ich schäme mich in Grund und Boden, wenn ich das nächste Mal Freunde in Israel besuche und an meinem Koffer das Namensschild Rommel baumelt.«

Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, gab es sogar die Überlegungen, Deutschlands sechstgrößten Airport den gestelzten Namen »Oberbürgermeister-Rommel-Flughafen« zu geben. Andere wollten auf »Theodor-Heuss-Flughafen« umschwenken. Am 15. Juli entscheidet der Aufsichtsrat des Flughafens über den Namen.

Letztlich spiele die Bezeichnung aber gar keine große Rolle, heißt es beim Flughafenverband ADV. Namensgebungen seien »lokale, symbolpolitische Akte«, sagt ADV-Sprecher Björn Potulski. Wer weiß schon, dass der Flughafen Berlin-Tegel nach Luftfahrtpionier Otto Lilienthal benannt ist? Entscheidend für die Orientierung sei der Ortsname und der internationale Buchstaben-Code wie MUC für München oder STR für Stuttgart. Der baumele nämlich auch am Gepäck, so Potulski. Wie ein Airport heiße, bekomme der normale Fluggast gar nicht mit. Es sei denn, er landet auf dem New Yorker Flughafen JFK (für John F. Kennedy) oder auf dem CDG (Charles de Gaulle) in Paris.

Namen mit Kriegsvergangenheit lösten in jüngster Zeit häufiger Kon-troversen aus: Raumfahrt-Visionär Wernher von Braun (1912-1977) etwa gilt inzwischen nicht mehr als geeignetes Vorbild für Schüler. Als wohl letzte Wernher-von-Braun-Schule in Deutschland legte die Gesamtschule im osthessischen Neuhof den Namen des Raketen-Ingenieurs ab. Von Braun hatte für die Nazis die V2-Rakete entwickelt, die als Wunderwaffe gepriesen worden war.

Die Stadt Münster beschäftigte sich über Jahre kontrovers mit dem Namen Hindenburgplatz, benannt nach dem einstigen Generalfeldmarschall und Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Der Platz wurde im Jahr 2012 zum Schlossplatz, ein Bürgerentscheid gegen die Umbenennung scheiterte.

Im besonderen Stuttgart-Fall war es am Ende der Grüne Fritz Kuhn, Manfred Rommels Nach-Nachfolger als Oberbürgermeister, der mit Einverständnis der Familie Rommel eine überwältigende politische Mehrheit für den Titel Manfred-Rommel-Flughafen organisierte. Auch ein Beleg dafür, wie allumfassend der Respekt für den CDU-Politikers ist.

Dem gegenüber steht sein Vater, den die Nazis für seine Taten als Oberbefehlshaber beim »Afrika-Feldzug« feierten. Erwin Rommel war für die Propaganda der Nazis wie geschaffen. Porträts des ehrgeizigen und eigenwilligen Feldherrn zierten unzählige Postkarten und Poster. Vorzugsweise in Baden-Württemberg sind eine ganze Reihe von Straßen nach dem Nazi-General benannt, auch Kasernen der Bundeswehr heißen nach Erwin Rommel. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal