Bremse für Wind soll sich lösen

Ökostrom-Verband vergleicht energiepolitische Wahlziele der sächsischen Parteien

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Wenn die CDU in Sachsen am Ruder bleibt, sieht es für den Ausbau erneuerbarer Energien düster aus. Zu diesem Fazit kommt ein Branchenverband, der zumindest auf eine Ablösung der FDP hofft.

Die Vereinigung zur Förderung der Erneuerbaren Energien in Sachsen (VEE) gibt keine ausdrückliche Empfehlung für die Landtagswahl am 31. August ab. »Wir sind überparteilich«, sagt Matthias Gehling, Leiter der Geschäftsstelle. Allerdings wird nach der Lektüre der Antworten, die Gehling von den Parteien auf 42 Fragen zur Energiepolitik erhielt, schnell klar: Einerlei kann dem Lobbyverband der Ökostromerzeuger der Wahlausgang nicht sein. »Unsere Richtung«, räumt Gehling denn auch ein, »ist klar.«

Vor allem an einer Fortsetzung der aktuellen Koalition aus CDU und FDP kann der Verband kein Interesse haben. Unter deren Ägide habe der Freistaat seine Stellung als »Schlusslicht« beim Ausbau der Erneuerbaren gefestigt; Gehling spricht sogar von einer »massiven Blockadehaltung«. Er verweist auf das Energieprogramm der Regierung, das 2012 beschlossen wurde und Ausbauziele deutlich nach unten korrigierte. Sachsen strebt an, im Jahr 2020 ganze 28 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen zu decken. »Wenig ambitioniert« nennt das der VEE und fragte, ob eine Korrektur in Richtung 50 Prozent denkbar sei. Nein, antworteten CDU und FDP; nur die Grünen stimmten zu. Die LINKE hält 40 Prozent bis 2020 für realistisch.

Hoffnung für die Wassermüller
Die Betreiber kleiner Wasserkraftwerke an sächsischen Flüssen können Hoffnung schöpfen. Die CDU kündigte in der VEE-Befragung zur Energiepolitik an, die Regelung zum »Wasserpfennig« in der nächsten Wahlperiode zu prüfen. Man werde die Frage »diskutieren müssen«, hieß es. Seit einer im Dezember 2012 beschlossenen Novelle des Wassergesetzes müssen die Anlagenbetreiber 0,0001 Euro je Kubikmeter abführen, was faktisch zwischen 15 und 25 Prozent der Einspeisevergütung entspricht. Die Besitzer von vielen der 320 Kleinkraftwerke sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Dagegen ist, wie der VEE anmerkt, die Braunkohle von einer Wasserentnahmeabgabe ausgenommen. hla

 

Selbst das magere sächsische Ziel ist gefährdet, wenn die FDP weiter das Sagen haben sollte. Ihr Wirtschaftsminister Sven Morlok plädiert für Abstände von Windrädern zu Wohngebäuden, die der zehnfachen Höhe der Energieanlagen entsprechen. Bei modernen Anlagen wären das fast zwei Kilometer. Zudem soll der Abstand zu Straßen vergrößert werden. »Dann käme der Ausbau der Windenergie in Sachsen zum Erliegen«, warnt Gehling. Eine Klausel, die den Bundesländern die Festlegung eigener Abstandsregelungen erlaubt, wurde auf maßgebliche Initiative Sachsens im Bundesrat schon beschlossen; die Regelungen im Freistaat werden aber vor der Wahl nicht mehr besiegelt. Angenehm überrascht ist man beim VEE davon, dass die CDU einen weniger harten Kurs fährt. Auf die Frage, ob ein Abstand zwischen 500 und 1000 Metern ausreichend sei, antwortete sie mit »Ja«, ebenso wie SPD und Grüne. Die LINKE lehnt das ab.

Abgesehen von diesem Punkt enthalten die Antworten der CDU, die in Sachsen seit 24 Jahren regiert, wenig Überraschendes. Der VEE kommt deshalb zu dem Schluss, dass die Union »selbst mit einem neuen Koalitionspartner die erneuerbaren Energien massiv blockieren« werde. »In dieser Frage wird sich der Stärkere durchsetzen«, glaubt Gehling. Das dürfte vor allem für die Haltung des Landes zur Braunkohle gelten, deren Verstromung als Haupthindernis für den Ausbau der Stromerzeugung aus Wind, Sonne, Biogas und Erdwärme gilt.

An der Kohle will vor allem die CDU noch lange festhalten: Sie sei eine »grundlastfähige Brückentechnologie« und solle daher auch jenseits von 2030 zur Energiegewinnung verfeuert werden. Dagegen wollen die Grünen bis 2030 ausgestiegen sein. Schwarz-Grün sei angesichts dieser Konstellation »relativ unwahrscheinlich«, meint Gehling. Kompatibler sind die Positionen der CDU mit denen der SPD, die kein konkretes Datum für einen Ausstieg nennt. Bis 2050 sollen den Genossen zufolge aber 100 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen kommen; abhängig von ihrem Ausbau und der Systemintegration soll die Braunkohle ersetzt werden. Die LINKE in Sachsen will einen Ausstieg bis 2040. Die Alternative für Deutschland, merkt Gehling an, liege in der Energiepolitik auf einer Linie mit Schwarz-Gelb.

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