Pyrrhussieger

Andreas Fritsche über die ausgebremste direkte Demokratie

Nachdem König Pyrrhus im Jahr 279 vor unserer Zeit bei Asculum wieder nur unter großen Verlusten eine Schlacht gegen Rom gewonnen hatte, soll er gesagt haben: »Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!« Als Pyrrhussieg gilt ein zu teuer erkaufter Erfolg, aus dem sich kein Vorteil ziehen lässt. Einen solchen Sieg erlebte jetzt Potsdam. Aber wer verbucht ihn?

Die LINKE gewann am Mittwochabend in der Stadtverordnetenversammlung eine Abstimmung zum umstrittenen Wiederaufbau der Garnisonkirche. Aber nur, weil die Befürworter des Bauprojekts in SPD, CDU und Grüne sich aus taktischen Gründen alle der Stimme enthielten. So nahm das Parlament ein Bürgerbegehren an, das von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) fordert, die evangelisch geprägte Stiftung Garnisonkirche Potsdam aufzulösen. Die Aussichten dafür tendieren jedoch gegen Null.

Die Annahme des Bürgerbegehrens verhindert den angestrebten Bürgerentscheid, der endlich gezeigt hätte, wie die Bevölkerung zu der Sache steht. Insofern errang die LINKE einen Pyrrhussieg. Sie ließ sich nicht auf ein taktisches Spielchen ein. Sie stimmte so ab, wie man es von ihr erwarten durfte. Der Oberbürgermeister, seine Genossen und Bündnispartner tricksten dagegen herum. Sie hätten das Bürgerbegehren eigentlich ablehnen müssen, und dann hätten sie vor dem Bürgerentscheid um den Segen der Bevölkerung für die Garnisonkirche bitten müssen. Dass sie diesen Weg nicht gehen, fördert Politikverdrossenheit. So sind sie heimlich Sieger und zugleich Pyrrhussieger.

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