Uranpulver per Schiff und Zug

Atomkraftgegner stoppen Transport im Hamburger Hafen

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Deutschland steigt aus der Atomkraft aus - doch der Hamburger Hafen wird zur Drehscheibe für die Versorgungstransporte der europäischen Atomindustrie.

Atomkraftgegner haben am Montag am Güterbahnhof Hamburg-Süd nahe des Hafens einen Zug vorübergehend gestoppt, der mehr als 50 Container mit Urankonzentrat geladen hat. Um kurz vor sieben ketteten sich fünf Aktivisten mit Hilfe von Rohrkonstruktionen vor der Lokomotive und hinter dem letzten Waggon an die Gleise. Mehrere Dutzend Unterstützer fanden sich vor Ort ein, entrollten Transparente und versorgten die Blockierer mit Essen und Getränken.

Die auch als »Yellowcake« bezeichnete Ladung - ein gelbes, pulverförmiges Gemisch aus Uranverbindungen - stammt aus Namibia, Kasachstan und Usbekistan. Das Material war in den vergangenen Wochen mit den Schiffen »Sheksna« und »Green Mountain« nach Hamburg gebracht worden. Bestimmt ist die Fracht für die Urankonversionsanlage in Malvesi in Südfrankreich. Das Konzentrat soll dort in Uranhexafluorid umgewandelt werden, bevor es wieder zurück zu Anreicherungsanlagen in Deutschland, Holland und Großbritannien gekarrt wird. In weiteren Schritten entstehen dann Brennelemente für Atomkraftwerke in aller Welt.

Die Aktivisten wiesen darauf hin, dass die Uranerzförderung in den meisten Ländern ohne Rücksicht auf die Umwelt und die Gesundheit der Beschäftigten erfolgt. Für eine Tonne Uran müssten bis zu 100 000 Tonnen Gestein abgebaut werden, die Reste strahlten radioaktiv, der Staub werde von Menschen eingeatmet, gravierende Krankheiten seien die Folge. Der große Wasserverbrauch in trinkwasserarmen Regionen führe zudem zur Absenkung des Grundwasserspiegels. »Schon der Abbau von Uran verursacht so viel Schäden, dass allein deshalb die Atomkraft abgelehnt werden muss«, sagte in Hamburg der Aktivist Johannes. »Um darauf aufmerksam zu machen, blockieren wir genau diesen Zug am Anfang der Atomspirale.« Eine andere beteiligte Aktivistin sagte: »Wir wollen mit unserer Aktion darauf aufmerksam machen, dass fast täglich Atomtransporte über den Hamburger Hafen abgewickelt werden.«

Um einige der blockierten Container hatte es in den vergangenen Tagen politischen Streit gegeben. Sie waren mit der »Skeksna« angeliefert und von der Wasserschutzpolizei beanstandet worden, weil ihre Zulassung abgelaufen war. Kurz darauf erteilten die Behörden jedoch die Erlaubnis, dass die Container auch ohne die vorgeschriebene Sicherheitsplakette für Gefahrguttransporte an ihr Ziel in Frankreich gebracht werden dürften. Auf Anfrage der LINKEN in der Hamburger Bürgerschaft hatte die Innenbehörde erklärt, die Container seien längst aus dem Hafen abtransportiert. Anti-Atom-Gruppen fanden jedoch heraus, dass die Angabe nicht stimmte. Sie entdeckten die angeblich längst verschwundenen Atomcontainer am Süd-West-Terminal. Gegenüber dem NDR räumte die Innenbehörde inzwischen ein, sie habe »unvorsichtig geantwortet«.

Wie der Senat schon früher bestätigt hatte, werden im Schnitt an jedem zweiten Tag radioaktive oder hoch toxische Stoffe durch das Hamburger Stadtgebiet transportiert. In den meisten Fällen wird die Ladung im Hafen umgeschlagen. Udo Buchholz vom Vorstand des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) warf der Politik jetzt gleichwohl »Geheimniskrämerei und Verschleierung« vor und warnte vor den unkalkulierbaren Risiken von Nukleartransporten. Nach seinen Angaben werden die Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz und andere Hilfsdienste in der Regel nicht über die Routen der Transporte in Kenntnis gesetzt.

Noch am Montagvormittag begann die Polizei mit der Räumung der Blockade. Beamte des herbei gerufenen technischen Zuges trennten die Umweltschützer von den Schienen. Zwischenfälle habe es dabei nicht gegeben, sagte eine Polizeisprecherin auf »nd«-Anfrage. Auch Umweltschützer bestätigten, die Beamten seien »sehr professionell« und »relativ vorsichtig« zu Werke gegangen. Der Zug selbst setzte sich gegen 14 Uhr in Bewegung. Bürgerinitiativen kündigten an, den Transport weiter mit Aktionen zu begleiten.

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