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Mysteriöser Überfall in Paris

Bewaffnete Gangster erbeuten 250 000 Euro von saudischem Konvoi

  • Christine Longin, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Acht schwer bewaffnete Männer stoppen den Fahrzeug-Konvoi eines arabischen Prinzen. Sie kapern eines der Autos und fahren mit 250 000 Euro und wichtigen Dokumenten davon - mitten in Paris.

Am Sonntagabend 21 Uhr verfolgen zwei Autos den Konvoi eines saudi-arabischen Prinzen, der vom Luxushotel George V. nahe der Champs-Elysées zum Flughafen Le Bourget unterwegs ist. Auf der Höhe von Porte de la Chapelle stoppen mit Kalaschnikows bewaffnete Unbekannte das erste Fahrzeug der Kolonne, das ein Stück vor den rund zehn anderen Autos fährt. Die Angreifer blockieren den Mercedes Viano, in dem das Gepäck transportiert wird, und zwingen den Fahrer, einen Leibwächter und einen dritten Insassen auszusteigen. In einer minutiös geplanten Aktion übernehmen die Männer das Steuer des Mercedes, ohne dass ein Schuss fällt, und fahren mit ihrer Beute davon.

Die Polizei findet noch in der Nacht das geklaute Auto und einen BMW der Angreifer - verbrannt. Zwei 500 Euro-Scheine, Dokumente auf Arabisch und Medikamente liegen neben den Autowracks. »So etwas ist noch nie dagewesen«, zitiert der Radiosender France Info einen Polizisten. Experten gehen davon aus, dass die Täter gezielt auf die laut Polizei »sehr, sehr vertraulichen« Papiere aus waren.

»Die Summe von 250 000 Euro erscheint mir für den Aufwand, der betrieben wurde, etwas lächerlich«, sagt Kriminalexperte Doron Levy. In der Tat ist die Beute eher gering im Vergleich zu anderen spektakulären Überfällen wie dem im Dezember auf einen Juwelierladen. Damals erbeuteten bewaffnete Täter Uhren im Wert von 800 000 Euro. »Es gibt Anzeichen, dass die Dokumente die Hauptmotivation waren«, ergänzt Levy. Für ihn ist klar, dass die Täter ihre Informationen für gezielte Aktion aus dem saudischen Umfeld bekamen. »Dafür braucht man unbedingt Komplizen.«

Den Prinzen ließen die Angreifer zufrieden: Er konnte wie geplant am Sonntagabend von Le Bourget Richtung Heimat starten. Dennoch wirft der Überfall ein schlechtes Licht auf die Sicherheit in Paris, das jedes Jahr zehntausende reicher Touristen aus den Golfstaaten besuchen. Anfang Juli ereignete sich ein ähnlicher Überfall: Auf der Autobahn im Norden der Stadt stoppten vier Bewaffnete einen Lastwagen und erbeuteten Telefone im Wert von über einer Million Euro.

Eine Methode von Diebesbanden besteht darin, Autos, die im Stau stehen, auf der Stadtautobahn auszurauben. So erbeuteten Straßenräuber vor vier Jahren von der Tochter des damaligen Bürgermeisters von Kiew Schmuck im Wert von 4,5 Millionen Euro. Die Diebe schlugen das Fenster der gemieteten Luxuslimousine ein, in der die Frau vom Flughafen in die Innenstadt unterwegs war.

Im Fall der saudi-arabischen Kolonne ist der diplomatische Schaden aber noch größer, richtete sich der Angriff doch gegen ein Mitglied des Königshauses. Deshalb reagierte sogar Frankreichs Außenministerium auf die Attacke: »Eine Untersuchung ist im Gange nach diesem nicht hinnehmbaren Angriff«, sagte ein Sprecher. Bisher tappt die Spezialeinheit zur Bekämpfung der Bandenkriminalität allerdings noch im Dunkeln.

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