In den Heiligen Krieg für Israel

Emran Feroz über Ausländer in der israelischen Armee

  • Lesedauer: 4 Min.
Mit speziellen Programmen wirbt die israelische Armee jedes Jahr Tausende Freiwillige an. Auch viele Ausländer kämpfen und töten deshalb mit im Gazakrieg. In deren Heimatländern kümmert das niemanden.

»Sie hätte zuhause in den Niederlanden bleiben können, doch stattdessen entschloss sich Katie, der israelischen Marine zu dienen.« Dieser Satz ist neben dem Foto eines blonden Mädchens zu lesen – veröffentlicht auf dem offiziellen Instagramm-Profil der israelischen Armee. Schätzungen zufolge sind Hunderte von Niederländern in der israelischen Armee tätig. Und sie sind bei weitem nicht einzigen Ausländer in deren Reihen.

Die Rekrutierung ausländischer Kämpfer hat eine lange Tradition in der israelischen Armee (IDF). Tatsächlich existierte diese Praxis schon vor der Entstehung des israelischen Staates, als zahlreiche Freiwillige – allen voran aus Westeuropa und den Vereinigten Staaten – sich zionistischen Gruppierungen anschlossen, um im Gelobten Land zu kämpfen. Viele von ihnen landeten in der Hagana, dem Vorläufer der IDF, Israels Armee. Andere hingegen wurden Teil von terroristischen Gruppierungen wie Irgun und Stern. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, die palästinensische Urbevölkerung zu vertreiben.

Während des Palästinakrieges von 1948 kämpften rund 4.000 Freiwillige aus aller Welt auf israelischer Seite. Unter den »Mahal« genannten ausländischen Freiwilligen befanden sich hauptsächlich Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg. Historisch betrachtet ist das nichts Neues. Was jedoch immer mehr in den Hintergrund gerät, ist die Tatsache, dass sich bis heute daran nichts geändert hat.

Durch das sogenannte Mahal-Programm werden jährlich Tausende von Freiwillige aus mehr als 40 Staaten für die israelischen Streitkräfte rekrutiert. Eine Tatsache, auf die Israels Militär stolz ist. Im Internet wird um »einsame Soldaten« (englisch: lone soldier; hebräisch: chayal boded) geworben. Auf Webseiten gibt es die entsprechenden Anleitungen: Ein wenig Bürokratie, ein Hebräisch-Kurs und schon kann es losgehen. Ziel des Ganzen: die »Verteidigung« der »einzigen Demokratie des Nahen Osten«.

Ein »einsamer Soldat« genießt viele Vorteile und ist gleichberechtigt mit jedem anderen IDF-Soldaten. Für die meist jungen Freischärler gibt es spezielle Einrichtungen, die ihrer Unterhaltung dienen. Pflegefamilien sorgen sich um die Soldaten außerhalb der Dienstzeit. In deren Heimatländern bieten Vereine Beratung für Eltern, deren Kinder in Israels Armee dienen.

Laut dem israelischen Armeesprecher Arye Sharuz Shalicar kämpfen gegenwärtig 5000 »einsame Soldaten« für Israel. Ausländer seien nicht unter ihnen: »Viele 'einsame Soldaten' haben ein oder zwei Elternteile, die Israelis sind, aber ihr Leben außerhalb Israels führen.« Was der Armee-Sprecher unerwähnt lässt, ist die Tatsache, dass jede Person – egal ob mit oder ohne israelischen Eltern – der IDF problemlos dienen kann.

Laut IDF-Angaben dienen rund 100 Briten der israelischen Armee. Im Jahr 2009 wollte der britische Politiker Nazir Ahmed vom britischen Parlament wissen, wie viele britische Staatsbürger im Dienst der israelischen Armee stehen. Die britische Regierung gab sich ahnungslos: »Nur die israelische Regierung weiß das.«

In anderen Staaten ist die Lage ähnlich: Ob Kanadier, Franzosen, US-Amerikaner oder Deutsche; wer für Israel in den Krieg zieht, landet weder – anders als europäische Muslime in Irak, Syrien und Afghanistan - auf irgendeiner Liste, noch wird er vom Geheimdienst überwacht.

Da auch der jüngste Angriff auf den Gaza-Steifen von mehreren Menschenrechtsorganisationen inklusive der UN aufgrund zahlreicher Kriegsverbrechen angeprangert wurde, stellt sich die Frage, welche Rolle Ausländer oder Soldaten mit einer doppelten Staatsbürgerschaft in den Reihen der IDF spielen und inwiefern man strafrechtlich gegen sie vorgehen kann. Im November 2013 gab Elena Zakusilo, die sowohl einen ukrainischen als auch einen israelischen Pass besitzt und sechs Jahre lang der IDF gedient hat, vor laufenden Kameras zu, palästinensische Kinder getötet zu haben. Bestraft wurde sie nicht, da weder europäisches, noch ukrainisches Gesetz für sie galt. Auch in Israel klagte sie niemand an. Wie auch – in einem Land, in dem die IDF als »Gottes Armee« gilt und die Angriffe auf Gaza zum »Heiligen Krieg« erklärt werden.

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