Sachsen als Labor der AfD-Rechten

In den Reihen der Rechtspopulisten finden sich viele Aktivisten der »Patriotischen Plattform« und der Partei »Die Freiheit«

  • Robert Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Rechtsextreme Schlüsselpersonen finden sich bei der in den Landtag gewählten Sachsen-AfD sowohl auf der Landesliste als auch im Vorstand. Selbst ins Parteiprogramm schafften sie es - mit ihren Ideen.

Kerstin Köditz, Landtagsabgeordnete der sächsischen Linkspartei, konnte ihre Erregung am Wahlabend nur schwer unterdrücken. »Die Wähler wussten sehr wohl, was das für eine Partei ist«, schimpfte die Rechtsextremismus-Expertin über den Wahlerfolg der Alternative für Deutschland (AfD). Köditz' Mitarbeiter Volkmar Wölk beobachtet die ultrarechten Tendenzen in der Partei schon lange. Für ihn ist die AfD in Sachsen deutlich rechter als im Bundesschnitt. Als Schlüsselfigur nennt er Detlev Spangenberg, auf Listenplatz zehn in den Landtag gewählt. Er ist in der rechten Szene hervorragend vernetzt und holte viele Rechtskader in die Sachsen-AfD. Dank Spangenbergs Schützenhilfe schaffte es zum Beispiel der Ex-DSUler Tobias Keller in den Leipziger Stadtrat. Er und Keller hatten zuvor unter anderem mit dem Ex-NPD-Abgeordneten Mirko Schmidt zusammengearbeitet. Ausgerechnet Spangenberg soll nun als Alterspräsident des Landtages dessen konstituierende Sitzung leiten.

Eine wichtige Rolle spielt für die Sachsen-AfD auch die sogenannte »Patriotische Plattform«, ein von Parteichef Bernd Lucke geduldeter aber nicht offiziell anerkannter informeller Zusammenschluss aus derzeit mehr als 50 Parteimitgliedern. Die meisten davon wohnen in Sachsen, das Gros der anderen kommt aus Thüringen oder Baden-Württemberg. Teil der »Plattform« sind neben von rechten Splitterparteien zur AfD übergetretenen Politikern auch Aktivisten von mitunter gar vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaften. Die Plattform richtet sich nach eigenen Angaben unter anderem gegen die »Herausbildung einer multikulturellen Gesellschaft«. Auf Facebook kritisieren die Plattform-Mitglieder, die sich intern mit »Kamerad« oder »Patriot« ansprechen, eine angebliche »islamistische Unterwanderung«.

Der nicht in den Landtag eingezogene Listenkandidat und Plattform-Mitstreiter Roland Ulbrich pflegt gute Kontakte zum österreichischen Politiker Andreas Mölzer. Der ehemalige EU-Politiker Mölzer ist dafür bekannt, dass er selbst in seiner rechtspopulistischen Partei FPÖ noch nach rechts außen ausschert. Plattform-Mitbegründer und Landes-Afd-Vize Thomas Hartung hat für seinen Teil kürzlich auf Facebook einen Menschen mit Downsyndrom beleidigt. Hartung verlor damit zwar Listenplatz und Vize-Posten, tauchte aber als nunmehr einfaches Mitglied sowohl im Wahlkampf als auch bei der Wahlparty in Dresden wieder auf. Parteichefin Frauke Petry hatte auch den Gründungssprecher der »Plattform«, den Islamkritiker Hans-Thomas Tillschneider, in den Landesvorstand geholt. So verwundert es nicht, dass auch das im März verabschiedete Wahlprogramm zahlreiche Ziele enthält, die man von der »Plattform« übernommen hatte. Darunter zählen die »Volksabstimmungen über Moscheebauten mit Minaretten« und die »Einführung von permanenten Personen- und Güterkontrollen an deutschen Außengrenzen«.

Nicht vergessen werden darf auch die Übernahme zahlreicher ehemaliger Politiker der rechtspopulistischen Splitterpartei »Die Freiheit«. Ein Zuwanderungsstopp gehört laut Website ebenso zu den Zielen der Partei wie das Beenden eines angeblichen Schuldbewusstseins bezüglich der Verantwortung des deutschen Volkes für die Verbrechen des Faschismus bis 1945. Zahlreiche ehemalige »Freiheit«-Mitglieder wurden bestens in die Sachsen-AfD integriert. Einer von ihnen, Julien Wiesemann, übrigens auch Mitglied der »Plattform«, ist heute sogar ihr Pressesprecher. Wiesemann kooperiert dabei eng mit der stramm rechten Tageszeitung »Junge Freiheit«. Bei der Partei »Die Freiheit« organisierte Wiesemann noch Aktionen wie ein »würdevolles Gedenken« an die Bombenangriffe auf Dresden und wetterte über die »Medienhetze« gegen die Rechtsrock-Band Frei.Wild. Innerhalb der AfD bekommt der ehemals zersplitterte rechte Rand in Sachsen nun also die Gelegenheit, seine kruden Ansichten im Landtag kundzutun. Auch für die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg bedeutet das wohl mehr »Freiheit« für die Rechten.

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