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Gedenken und Auseinandersetzung verbinden

Der VVN-BdA Landesvorsitzende Hans Coppi über neue Konzepte der antifaschistischen Erinnerungskultur

  • Lesedauer: 3 Min.
Zum 25. Mal zogen am Sonntag 150 Antifaschistinnen und Antifaschisten zum Tag der Mahnung und Erinnerung durch die Stadt. In diesem Jahr wurde mit einem Fahrradkorso der Opfer von Rassismus und Nationalsozialismus gedacht. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) ist Hauptorganisator der Veranstaltung. Mit dem Landesvorsitzenden Hans Coppi sprach für »nd« Christin Odoj über das neue Gedenkkonzept.

nd: In diesem Jahr hat der Vorbereitungskreis auf ein neues Konzept für den Aktionstag gesetzt. Den Hauptteil des Tages zur Erinnerung und Mahnung machte eine antifaschistische Fahrradtour aus. Warum das neue Konzept?
Coppi: Wir wollten etwas Neues probieren. Der Tag der Erinnerung und Mahnung erhielt in diesem Jahr ein mehr bewegungs- und aktionsorientiertes Gesicht. Auch in diesem Format verbinden wir das Gedenken an die Opfer des Naziregimes und die Auseinandersetzung mit Rassismus und Neonazismus. Nach der Auftaktkundgebung am Denkmal für die ermordeten Roma und Sinti haben wir an Orten von Verfolgung und Widerstand in Mitte, Kreuzberg, auf dem Tempelhofer Feld und Neukölln an Widerstand und Verfolgung, an Menschen und Ereignisse erinnert.

Wie kam das neue Fahrradkonzept bei den bisherigen Unterstützerinnen des Tages der Erinnerung und Mahnung an?
Einige konnten wir heute begrüßen. Andere vermissen den Aktionstag in seiner bisherigen Form. Wir werden uns mit allen zusammensetzen und schauen, wie wir gemeinsam 2015 den Gedenk- und Aktionstag vorbereiten und wie auch finanzieren können. Am 19. September 1945 fand die erste antifaschistische Großkundgebung im Gedenken an die Opfer des Faschismus statt. In dieser Tradition steht der Tag der Erinnerung und Mahnung.

Wie kamen die Menschen zurecht, die nicht mehr so gut per Rad unterwegs sind?
Für sie stand nach der Auftaktkundgebung ein Bus bereit. Die TeilnehmerInnen waren sehr angetan von dieser antifaschistischen Stadtrundfahrt. Einen Halt legten sie in der Gedenkstätte Plötzensee ein. Am Ende haben sich die Fahrradfahrer und die Busfahrer wieder zu dem Abschlussfest in Kreuzberg getroffen. Bei Kaffee und Kuchen, Musik und einer interessanten Podiumsdiskussion.

Im Aufruf zum Aktionstag hieß es, Ihre Anliegen stärker auf die Straße bringen. Hatten Sie in den letzten Jahren das Gefühl, dass der Erinnerungstag nicht so wahrgenommen wird, wie Sie sich das gewünscht haben?
Der Gedenk- und Aktionstag gehört zu den größten regelmäßigen antifaschistischen Veranstaltungen in Berlin mit 80 bis 100 Informationsständen von Organisationen, Verbänden und Initiativen. Manchmal hätten wir uns mehr Besucher gewünscht. Der Umzug auf das Tempelhofer Feld vor zwei Jahren mit seinem historischen Bezug zu dem Konzentrations- und Zwangsarbeiterlager hat uns mehr Gäste beschert. Wir sind dorthin gegangen, wo sich sonntags zahlreiche, auch junge Leute aufhalten. Vielen gefiel die Atmosphäre, die Musik, sie waren aufgeschlossen, an den Ausstellungen, Zeitzeugengesprächen und Diskussionen durchaus interessiert. Die Themen liegen ja zahlreich in der Luft.

Welche sind das in diesem Jahr?
Das ist einmal der Rassismus. Auf der Eröffnungskundgebung sind Petra Rosenberg, Vorsitzende des Landesverbandes der Roma und Sinti Berlin-Brandenburg, Cornelia Kehrt, Vorsitzende der VVN-BdA und Milan Pavlovic vom Roma Informations Centrum auf den Antiziganismus eingegangen. Auch aus der historischen Verantwortung zum Völkermord an den Sinti und Roma in Europa sind alle gefordert, sich gegen den weit verbreiteten Antiziganismus zu wenden und für die hierzulande lebenden Roma und Sinti menschenwürdige Lebensbedingungen zu schaffen. Zum anderen geht es um den Frieden. »Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus« war Lehre und Vision nach 1945. Solidarität statt Nationalismus ist unsere Haltung zu den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine. Deshalb unterstützen wir den Appell hochbetagter russischer und ukrainischer Kriegsgefangener: »Nationaler Egoismus, Nationalismus ist die Keimzelle des Unfriedens zwischen Nachbarvölkern. Benehmt Euch wie Mitglieder einer Familie, in der man sich streitet im Bewusstsein gegenseitigen Respekts und sich wieder verträgt. Macht endlich Frieden miteinander.«

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