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Die Genossen haben die Wahl

Die SPD wird in Brandenburg und Thüringen weiterhin regieren. Fraglich ist nur, mit wem

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 4 Min.
Rot-Rot-Grün, Schwarz-Rot oder doch ganz anders: Zwar ist derzeit noch unklar, in welcher Konstellation man in Thüringen und Brandenburg regieren wird. Fakt ist aber, dass ohne die SPD nichts geht.

Warmen Applaus für die beiden Spitzenkandidaten gab es am Montag im Berliner Willy-Brandt-Haus. Allerdings klatschten hier keine begeisterten Wähler, sondern die Angestellten im SPD-Hauptquartier. Der Einsatz dieser Qlaqueure entlockte den anwesenden Journalisten zynische Kommentare. »Die beklatschen jetzt schon Wahlniederlagen«, war da noch eine der freundlicheren Bemerkungen. Parteichef Sigmar Gabriel gelang das Kunststück, zumindest eines der beiden enttäuschenden Ergebnisse in einen großen Erfolg umzudeuten. Man habe ein »sehr gutes und ein sehr schwieriges Ergebnis« eingefahren, so Gabriel im Montagmittag. Mit dem »schwierigen Ergebnis« müssen sich die Genossen in Thüringen nun auseinandersetzen. Dort haben sich nach dem Debakel die sächsischen Verhältnisse zementiert. Die SPD bleibt drittstärkste Kraft - allerdings mit noch größerem Abstand zu den beiden Großen von CDU und Linkspartei. Sogar das Ergebnis von 12,4 Prozent ist haargenau jenes, dass auch die SPD-Genossen in Dresden vor zwei Wochen erreichten.

Spitzenkandidatin Heike Taubert sah man die Enttäuschung auch am Montag noch an. Eine »herbe Niederlage« habe die Partei erlitten, so die noch amtierende Landessozialministerin. Eine mögliche Ursache sei der Umstand gewesen, dass der Wahlkampf überlagert gewesen sei von der Frage, ob Bodo Ramelow Ministerpräsident werden soll. War es ein Fehler, ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf zu gehen? Vielleicht. Allerdings hat die Brandburger SPD ebenfalls klare Bekenntnisse vermieden und ist dafür nicht so heftig abgestraft worden.

Derzeit ist in Erfurt alles offen. Selbst ein schwarz-rot-grünes Bündnis wollte Taubert nicht ausschließen. Da müssten andere entscheiden, »ob sie so ein Bündnis eingehen wollen«. Die beiden anderen Optionen, Schwarz-Rot und Rot-Rot-Grün, sichern den Sozialdemokraten auch weiterhin Einfluss. In welcher Form sie diesen künftig geltend machen werden, sollen die Genossen im Freistaat selbst entscheiden. »Von uns gibt es überhaupt keine Einflussnahme«, so SPD-Chef Gabriel. Es mache ohnehin wenig Sinn, »Verantwortung nach Berlin oder in die Parteizentrale zu delegieren«. Soviel zur offiziellen Verlautbarung. Hinter den Kulissen drängt Gabriel offenbar auf eine Neubesetzung der Thüringer Parteispitze. Einem Bericht der »Thüringer Allgemeinen« zufolge will der Vize-Kanzler, dass der Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein den bisherigen Parteichef Christoph Matschie ablöst. Bausewein gehört dem linken Parteiflügel an. Somit wäre seine Nominierung eine Weichenstellung Richtung Rot-Rot-Grün. Eine entsprechende Entscheidung sollte noch am Montag auf einer Sitzung des Landesvorstands fallen. Gegenüber der »Thüringer Allgemeinen« gab sich Bausewein zurückhaltend: »Wir müssen heute Abend im Landesvorstand erst einmal die Ergebnisse analysieren«, sagte er. »Dann werden wir sehen, welche Konsequenzen sich daraus ergeben.«

Als Regierungsmitglied wird das Stadtoberhaupt aber nicht zur Verfügung stehen. Er werde »definitiv nicht« Minister. »Ich werde Oberbürgermeister von Erfurt bleiben«, zitierte ihn die »Thüringer Allgemeine«.

Auch an der Fraktionsspitze soll es demnach einen Personalwechsel geben. Favorit auf den Posten ist der Kommunalexperte und bisherige Fraktions-Vize Matthias Hey, der als einziger Sozialdemokrat seinen Wahlkreis direkt gewinnen konnte.

Deutlich entspannter dagegen die Lage der Genossen in Brandenburg. Zwar verloren die SPD auch dort, allerdings nur 1,1 Prozent. Da die LINKE ein Drittel der Stimmen einbüßte und die CDU nicht wirklich zulegen konnte, hat SPD-Landesvater Dietmar Woidke nun die Wahl. Fest steht schon jetzt: Die SPD regiert seit 1990 ununterbrochen und wird dies auch in der kommenden Legislatur tun. Parteichef Gabriel ließ sich am Montag gar zu der Aussage hinreißen, die SPD sei »eine echte Brandenburg-Partei«. Dabei war sie das tatsächlich einmal: Bei den Landtagswahlen 1994 erreichte das Team um den damaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe bajuwarische 54,1 Prozent.

Die Verhandlungen mit den potenziellen Juniorpartnern sollen beginnen, wenn sich bei diesen »der Staub gelegt hat«. Und zwar »nacheinander, nicht nebeneinander«. Mit Blick auf die erreichten 31,9 Prozent sprach er am Montag von einem »Erfolg der Geschlossenheit« seiner Genossen in Brandenburg. Zudem bedankte sich Woidke bei seinem Parteichef für den »Rückenwind aus Berlin«. Ganz im Gegensatz übrigens zu Wahlverliererin Taubert, die beteuerte, die Bundespolitik habe beim Urnengang keine Rolle gespielt.

Es bleibt dabei: Der Erfolg hat viele Väter. Der Misserfolg dagegen, ist ein Waisenkind.

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