TTIP und CETA: SPD-Linke will rote Linien

Parteikonvent liegen fünf Anträge zu umstrittenen Freihandelsabkommen vor / DL21-Sprecherin Mattheis kritisiert Vorschläge der Antragskommission: Debatte allein reicht nicht

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Berlin. Die SPD-Linke hat vor dem Parteikonvent der Sozialdemokraten in Berlin mit Blick auf die Diskussion über die umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP und CETA »klare rote Linien« gefordert, welche die Sozialdemokraten »als Bedingung für eine Zustimmung aufstellen sollten«. Dass allein fünf Anträge zu dem SPD-Konvent die Verträge der EU mit Kanada und den USA betreffen, zeigt nach Ansicht der SPD-Linken-Sprecherin Hilde Mattheis, wie stark das Thema »große Teile der Partei bewegt«. Zu dem Konvent kommen rund 200 Delegierte, er ist das höchste SPD-Beschlussgremium zwischen den Bundesparteitagen. Thema ist neben dem Freihandel unter anderem die Digitalisierung.

Aus Bremen kommt etwa die Forderung, die Verhandlungen zum TTIP auszusetzen, da die bisher vereinbarten Regelungen »die legitimen Handlungsmöglichkeiten von Staaten« einschränken und die Demokratie gefährden. Der Dortmunder SPD-Unterbezirk will erreichen, dass der Konvent die Bundesregierung - und damit den zuständigen SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auffordert, »unverzüglich für eine Veröffentlichung« aller Verhandlungsunterlagen zu fordern. Die mit den Freihandelsverträgen angestrebte »neoliberale Deregulierung unterstützen wir nicht«. Auch die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen hat sich gegen den bisherigen TTIP und CETA-Kurs ausgesprochen und will Mindestbedingungen für eine mögliche Zustimmung. Zunächst setze man sich »dafür ein, die Verhandlungen ruhen zu lassen und in einem transparenten Prozess an einer Neuformulierung der Verhandlungsziele bzw. Verhandlungsgrundlagen zu arbeiten.«

Digitale Gesellschaft, Demokratie und Freihandel:
Das Antragsbuch zum SPD-Parteikonvent am Samstag in Berlin - hier

Schon in den vergangenen Tagen war berichtet worden, dass in der SPD der Widerstand gegen die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada und den USA wachse. Der SPD-Vorsitzende Gabriel werbe für Vorteile und warne vor pauschaler Ablehnung von TTIP und CETA, hieß es. Damit wolle der Wirtschaftsminister verhindern, hatte am Wochenbeginn der »Spiegel« berichtet, »dass die Partei sich vorzeitig dagegen ausspricht«. Die Bürgerbewegung Campact hatte unlängst kritisiert, die Bundesregierung wolle letztlich den Investorenschutz gar nicht verhindern. »Sigmar Gabriel hat sich vom Druck der Kommission zermürben lassen und kippt bei den Investor-Staats-Klagen um«, meinte Campact-Expertin Maritta Strasser.

Die Antragskommission des SPD-Konvents will denn auch die fünf vorliegenden Anträge zu TTIP und CETA an Parteivorstand sowie die Fraktionen in Bundestag und Europaparlament überweisen. Zudem sollen »Erwartungen an die transatlantischen Freihandelsgespräche« beschlossen werden. So dürfe es einen »Abbau von wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Standards« nicht geben, heißt es in der Empfehlung der Antragskommission.

Außerdem soll dem Vorschlag zufolge »die Möglichkeit zur Diskussion, Meinungsbildung und Mitsprache bestehen«. Der Parteivorstand solle »einen umfassenden Informations- und Diskussionsprozess initiieren« und so »Raum dafür geben, die Chancen von TTIP genauso zu thematisieren wie kritische Aspekte und Befürchtungen, die sich mit TTIP verbinden«.

Kritik kommt von der SPD-Linken Mattheis. Sie bedauerte die Vorschläge der Antragskommission. Es sei gegen einen breit angelegten Diskussionsprozess »nichts zu sagen. Es reicht allerdings meiner Meinung nicht aus«, so die Bundestagsabgeordnete. »In diesem Stadium, in dem die Verhandlungen zu TTIP in vollem Gange sind und jene zu CETA abgeschlossen sind und die Kritik an diesen Abkommen immer mehr wächst, braucht es für uns als Partei klare rote Linien, die wir als Bedingung für eine Zustimmung aufstellen sollten«, forderte Mattheis. Vor allem mit Blick auf CETA sei es wichtgi, sich jetzt zu positionieren.

Laut Medienberichten haben sich DGB-Spitze und Gabriels Bundeswirtschaftsministerium in einem gemeinsamen Positionspapier »im Grundsatz zu dem Abkommen bekannt«. Wie die »Süddeutsche Zeitung« berichtet, gehe der Gewerkschaftsdachverband davon aus, dass das Abkommen dazu beitragen könne, »faire und nachhaltige Handelsregeln global voranzutreiben und Maßstäbe zu setzen«. Auf Spiegel online wird der Sprecher der Parlamentarischen Linken im Bundestag, Carsten Sieling, mit denWorten zitiert, Gabriel falle »weit hinter das zurück, was wir bislang im Bund und im Europawahlkampf vertreten haben«. Sieling forderte ebenfalls klarere Positionen der SPD vor allem in Sachen Investitionsschutz, Transparenz sowie bei den sozialpolitischen und datenschutzrechtlichen Standards. Aus den Gewerkschaften war indes zu vernehmen, es handele sich bei dem DGB-Ministeriums-Papier (hier als PDF) um einen bereits vor Monaten formulierten Text, in dem Bedingungen für eine Zustimmung zum TTIP aufgeführt seien, die auch vom DGB-Bundeskongress beschlossen wurden. Von einer Kehrtwende, wie in der »Süddeutschen« berichtet, könne jedenfalls keine Rede. nd/vk

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