Frauenquote im Fußballverein

»Fußballfans gegen Homophobie« raten zu mehr Präsenz von Frauen im Fußball

  • Lesedauer: 4 Min.
Homophobie und Sexismus sind immer noch große Probleme im Fußball. Christian Rudolph vom Bündnis »Fußballfans gegen Homophobie« rät zu mehr Präsenz von Frauen im Fußball - im Zweifel auch mit Hilfe einer Quote.

»Fußballfans gegen Homophobie« gibt es seit drei Jahren. Was ist Ihnen in dieser Zeit gelungen?
Wir sind zufrieden, haben bereits eine große Strahlkraft. Es gibt mittlerweile auch Ableger in anderen Ländern wie Schweden, Mexiko und der Schweiz, wo sich die Gruppe »Gemeinsam gegen Homophobie« gegründet hat. All diese Gruppen arbeiten mit unserem Motiv. Außerdem haben wir ein Banner, das von Stadion zu Stadion wandert. Dieses Banner war mittlerweile an fast 100 verschiedenen Orten.

Sind die Probleme trotzdem noch so groß wie damals?
Auf jeden Fall. Homophobie und Sexismus werden im Stadion weiterhin akzeptiert. Die Probleme sind sehr vielfältig. Zwar sind Fußballfans nicht homophober als der Rest der Gesellschaft, aber im Gegensatz zu Unternehmen in der Wirtschaft tun Fußballvereine noch zu wenig dagegen. So können nach wie vor schwulenfeindliche Banner aufgehängt werden, wie es vor kurzem beim Spiel Hertha BSC Berlin gegen den VfB Stuttgart wieder passiert ist, als Stuttgarter Fans die Berliner Anhänger verhöhnten. Und wenn der ehemalige Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, Philipp Lahm, in einem Interview von einem Outing abrät, dann trägt das auch nicht zur Normalisierung bei.

Fußballfans gegen Homophobie

Anlässlich ihres dreijährigen Bestehens lud die Initiative »Fußballfans gegen Homophobie« am vergangenen Wochenende zum Netzwerktreffen nach Berlin. Schwulen- und Frauenfeindlichkeit sind in der Fanszene schließlich noch immer weit verbreitet. Der Sprecher der Initiative Christian Rudolph sprach mit Max Zeising über künftige Strategien im Umgang mit Diskriminierungen im Stadion.

Beim Netzwerktreffen wollten Sie neben Schwulen- auch über Frauenfeindlichkeit sprechen. So ging es auch darum, Strategien gegen Sexismus zu entwickeln. Welche Ideen sind entstanden?
Es kam der Vorschlag auf, Frauenultragruppen zu unterstützen. Solche Gruppen gibt oder gab es bereits in Babelsberg, Heidenheim, St. Pauli, München und Jena. Nun muss es darum gehen, diese Gruppierungen untereinander zu vernetzen und für öffentliche Präsenz zu sorgen. So könnte man beispielsweise ein Turnier organisieren, in dem nur Frauenfangruppen mitspielen, oder Frauen interviewen, die sich in einer Fanszene befinden.

Auch im Frauenfußball ist Homophobie immer noch ein Problem. Weiterhin herrscht das Vorurteil vor, dass alle Fußballerinnen lesbisch seien. Warum ist es so schwer, solche Einstellungen zu entkräften?
Das Problem ist, dass Frauen nicht so präsent sind wie Männer. Das fängt schon im Verein an, wenn Frauenmannschaften bei der Platzvergabe und anderen Dingen benachteiligt werden. Auch die Medien berichten kaum über Frauenfußball. Und wenn sie es doch tun, dann nicht nur über den Fußball wie bei den Männern. Bei der Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland zum Beispiel wurde einmal eine Spielerin zu ihren Haaren befragt. Das ist natürlich alles andere als förderlich.

Welche Möglichkeiten gibt es denn, Frauen präsenter zu machen?
Eine Idee wäre die Einführung einer Frauenquote in Fußballvereinen, wie sie auch in großen Wirtschaftsunternehmen diskutiert wird. Außerdem stand der Vorschlag im Raum, einen Film zu drehen, der ein anderes Bild von Frauen im Fußball vermittelt, als es die Mainstream-Medien oft tun.

Wie können sich Männer und Frauen im Stadion gegenseitig bei der Bekämpfung von homophoben Anfeindungen unterstützen?
Die Männer sind in der Fankurve in der Überzahl. Frauen sind im Block oftmals nur von Männern umgeben, ziehen sich deshalb eher zurück, klettern nicht auf den Zaun und stehen eher weiter hinten. Deshalb ist es die Aufgabe der Männer, auf die Frauen zuzugehen und sie zu animieren, sich aktiv mit einzubinden, zum Beispiel durch ein Banner. Außerdem soll unser Banner um ein weibliches Kussmotiv erweitert werden, welches ausdrücken soll, dass auch Frauen Fußballfans sein können. Weiterhin müssen bestimmte Männlichkeitsbilder überdacht werden, beispielsweise machohaftes Verhalten. Da müssen die Männer erst mal Selbstreflexion betreiben.

Wie könnt es Ihre Initiative schaffen, noch mehr Menschen von der Idee eines offenen und toleranten Fanblocks zu überzeugen?
Es geht nur über Aufklärung und Sensibilisierung, aber nicht mit dem gehobenen Zeigefinger. Wir müssen selbstbewusst auftreten. Vielleicht hilft ja das Hallenturnier, welches wir organisieren. Das findet am 3. Januar 2015 in Leipzig statt. Alle Einzelpersonen und Gruppen, die Mitglied unseres Vereins sind, können daran teilnehmen.

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