Stresstest für GDL-Chef Weselsky

Initiative innerhalb der Bahngewerkschaft fordert Rücktritt des obersten Streikführers

  • Lesedauer: 3 Min.
Gegenwind für GDL-Chef Claus Weselsky aus den eigenen Reihen: Eine Gruppe innerhalb der Gewerkschaft fordert den Rücktritt des 55-Jährigen. Er habe es zu lange versäumt, sich auch um andere Berufsgruppen bei der Bahn zu bemühen.

Berlin. Nach den umstrittenen Streiks bei der Bahn gerät der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, weiter unter Druck. Der Sprecher der GDL-internen Initiative für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Volker Siewke, warf der Führung am Samstag schwere Versäumnisse vor. Der Fahrgastverband Pro Bahn verlangte Klarheit über den Vorwurf, bei der GDL-Urabstimmung zum jüngsten Streik sei es zu Unstimmigkeiten gekommen.

Zwar habe die GDL grundsätzlich vereinbart, nicht nur für die Lokführer, sondern für das gesamte Zugpersonal verhandeln zu wollen, sagte Siewke im Deutschlandfunk. Allerdings habe es die Führung in der Vergangenheit versäumt, den Organisationsgrad unter den Zugbegleitern zu erhöhen. Jetzt eine Organisationsmehrheit »quasi mit einem Erzwingungsstreik zu fordern, das kritisieren viele Mitglieder vor Ort an ihrem GDL-Bundesvorsitzenden«.

Siewke warf Weselsky vor, eher seine eigenen politischen Machtstrategien zu verfolgen als die Interessen der Belegschaft. »Ein gewisses Maß an Autorität« gehöre zwar immer dazu in einem »exponierten Amt«. Aber es sei genauso wichtig, sich an »Demokratie und Rechtstaatlichkeit« zu orientieren. Er forderte den Rücktritt Weselskys.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bahnstreiks dürfe die GDL »nicht aussitzen«, sagte Pro-Bahn-Sprecher Gerd Aschoff der »Bild am Sonntag«. Die GDL hatte Anfang der Woche Vorwürfe vehement zurückgewiesen, wonach bei der Urabstimmung über Streiks die erforderliche Mindestzustimmung von 75 Prozent nicht erreicht worden sei. Die Gewerkschaft warf der Bahn vor, ein entsprechendes Gerücht lanciert zu haben. Der Konzern wiederum wies dies zurück.

Der Deutsche Beamtenbund (DBB), zu dem die GDL gehört, hat unterdessen die von der Lokführergewerkschaft beantragte Streikhilfe noch immer nicht ausgezahlt. Prüfung und Abrechnung liefen noch, sagte ein Sprecher der »BamS«.

Die GDL hatte zuletzt am vergangenen Wochen mit einem 50-stündigen Ausstand den Personen- und Güterverkehr lahmgelegt, bis zum 2. November gilt nun erst einmal eine Streikpause. Die Gewerkschaft fordert unter anderem fünf Prozent mehr Lohn und eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Bei dem Streik geht es aber auch darum, dass die GDL mit der Bahn über sämtliche Berufsgruppen verhandeln will - nicht nur über die Lokführer.

Für andere Beschäftigte, zum Beispiel Zugbegleiter und Mitarbeiter der Bordrestaurants, war bislang die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zuständig.

Die Bundesregierung will Konflikte zwischen konkurrierenden Gewerkschaften einem Pressebericht zufolge künftig vor allem von Arbeitsgerichten lösen lassen. Das geht nach einer Vorabmeldung des Nachrichtenmagazins »Focus« vom Sonntag aus dem Bericht einer Regierungsarbeitsgruppe hervor, der Grundlage für das Gesetz zur Tarifeinheit sein soll. Den Entwurf dafür will Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) in den kommenden Tagen auf den Weg bringen.

In dem Abschlussbericht heißt es den Angaben zufolge, Gewerkschaften sollten zunächst untereinander ihre Einflussbereiche abstecken. Nur wenn das nicht gelinge, solle »zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie« der Grundsatz der Tarifeinheit greifen. Danach gilt pro Betrieb nur ein Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern. AFP/nd

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