Luftverkehrssteuer bleibt

Karlsruhe: Umweltschutz geht vor Interesse der Fluggesellschaften

Nach dem Verfassungsgerichtsurteil zur Flugticketsteuer setzen Luftfahrtbranche und Umweltschützer wieder auf die Politik.

Die deutsche Luftverkehrssteuer ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in einem am Mittwoch verkündeten Urteil.

Die Richter wiesen damit eine Normenkontrollklage des Landes Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2011 ab. Die damalige SPD-Alleinregierung in Mainz wollte die Ticketsteuer für nichtig erklären lassen und begründete dies damit, dass der Bund für die Regelung nicht zuständig sei. Außerdem werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt, da etwa Transit-, Fracht- und Militärflüge von der Abgabe ausgenommen seien. Außerdem würden die Fluggesellschaften in ihrer Berufsfreiheit beeinträchtigt.

Mit der 2011 eingeführten Steuer sollen die Airlines an den externen Kosten der Umweltschäden durch den Luftverkehr beteiligt werden. Dessen CO2-Emissionen haben sich seit 1990 in Deutschland nahezu verdoppelt. Die Einnahmen des Bundes aus der Abgabe sind auf maximal eine Milliarde Euro pro Jahr begrenzt. Der nach Entfernung gestaffelte Steuersatz beträgt derzeit 7,50 bis 42,18 Euro je Flugticket.

Die Regierung in Mainz treiben vor allem die gesunkenen Passagierzahlen am Flughafen Frankfurt-Hahn um, der sich im Besitz der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen befindet. Nach Einführung der Steuer strich die irische Billigairline Ryanair 30 Prozent ihrer Flüge an dem chronisch-defizitären Regionalflughafen.

Die Karlsruher Richter wiesen alle Argumente des Klägers zurück. Laut Grundgesetzartikel 106 ist der Bund für Steuern zuständig, die auf »motorisierte Verkehrsmittel« bezogen sind - dazu zähle auch der Flugverkehr, wie es in der Urteilsbegründung heißt. Der Gleichheitsgrundsatz werde nicht verletzt, da der Gesetzgeber einen »weitgehenden, demokratisch legitimierten Spielraum bei der Auswahl von Steuergegenständen« habe. Außerdem werde die Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit der Luftverkehrsunternehmen »durch den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des Umweltschutzes gerechtfertigt«.

Diese Formulierung kam bei den Umweltorganisationen besonders gut an. »Das klare Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist sehr wichtig, denn die Luftverkehrsteuer stellt derzeit das einzige Steuerinstrument für den klimaschädlichsten Verkehrsträger dar«, erklärte Monika Ganseforth, Vorstandsmitglied des ökologisch orientierten Verkehrsclubs Deutschland. Ähnlich äußerte sich der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND): »Im Besonderen freuen wir uns, dass nicht das Interesse des Ryanair-Flughafens Frankfurt-Hahn über das Interesse an mehr Klimaschutz gesiegt hat«, erklärte der BUND-Verkehrsexperte Werner Reh gegenüber »nd«. »Die Länder und die Luftverkehrslobby müssen jetzt ihre Kampagne gegen die Luftverkehrssteuer umgehend einstellen.«

Das sehen diese natürlich anders: Der Billigflieger Ryanair forderte schon am Dienstag den Bundestag auf, die Ticketsteuer »in den Wind zu schießen«. Und der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch, erklärte nach dem Urteil, es gehe weniger um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Steuer als um den wirtschaftlichen Schaden, den diese anrichte. Allein den deutschen Fluggesellschaften seien bisher rund zwei Milliarden Euro »abgenommen« worden, so Siegloch. Davon hätten sie zum Beispiel 28 leisere, kerosinsparende A320-Jets kaufen können.

Aber auch für die Umweltverbände geht der Kampf weiter. Sie fordern eine »Weiterentwicklung« der Luftverkehrssteuer, die höhere Preise für Tickets der ersten Klasse, die Verwendung der Steuereinnahmen für Klimaschutz und Entwicklungshilfe sowie Maßnahmen zur Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn beinhalten. Darüber hinaus fordern sie die Streichung der Subventionen für Airlines durch Befreiung der Airlines von der Energiesteuer auf Kerosin sowie der Mehrwertsteuer auf internationale Flüge. Hierbei geht es um ganz andere Summen: jährlich gut zehn Milliarden Euro. Kommentar Seite 4

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