»Eindeutig rechts von der CDU«

Die brandenburgische LINKE ließ die Alternative für Deutschland analysieren

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Politikwissenschaftler Christoph Kopke verfasste eine Studie über die AfD. Demnach haben völkische Theorien in dieser Partei eine Heimat.

Ob die »Alternative für Deutschland« (AfD) noch dem demokratischen Spektrum zugeordnet werden kann, ist für die brandenburgische LINKE eine offene Frage. Die Beantwortung werde von der politischen Praxis auch im Landtag abhängen, heißt es.

Als eine Partei »eindeutig rechts von der CDU« wird die AfD indessen in einer Studie des Politikwissenschaftlers Christoph Kopke charakterisiert. Diese Untersuchung in Auftrag gegeben hatte der LINKE-Landesverband bereits im Sommer, noch vor der Landtagswahl am 14. September. Christoph Kopke, der wie sein Mitautor Alexander Lorenz für das Potsdamer Moses-Mendelson-Zentrum arbeitet, wies jetzt darauf hin, dass der größte Teil der AfD-Wähler - 12,2 Prozent waren es bei dem Urnengang am 14. September - mit hoher Wahrscheinlichkeit von rechtsextremen Gruppierungen »abgeschöpft« worden sei. Es handle sich demnach größtenteils um ehemalige Wähler der NPD, der DVU und anderer rechtsradikaler Strömungen.

Die AfD inszeniere sich als »unpolitisch«, als »unideologisch«, und sie weise in ihren Themen derzeit eine gewisse Beliebigkeit auf, heißt es in der Studie. Zweifellos aber seien in ihr völkische Thesen und Verschwörungstheorien daheim. Ausländerfeindliche Tendenzen seien eindeutig auszumachen, die hinter demokratischen Lippenbekenntnissen verborgen werden. Bei ihrem Wahlkampf habe die AfD offenbar professionelle Hilfe angenommen, ihre Plakate offenbarten vielfach erst auf den zweiten Blick den wahren Kern. Kopke nannte als Beispiel das Motto »Keine ungeregelte Einwanderung«. Es suggeriere, dass derzeit die Einwanderung ungeregelt sei. Das stimme aber nicht. LINKE-Landeschef Christian Görke erklärte, ob die AfD die Kriterien des demokratischen Konsens noch erfülle oder sich schon jenseits davon befände, »ist noch offen«. Die AfD sei auf jeden Fall »völlig anders als die DVU«. An der Art und Weise, wie die AfD bewusst mit Ängsten, etwa vor Grenzkriminalität, operiere, zeige sich ihr rechtspopulistischer Charakter. Görke zufolge verlieren Leitfiguren wie AfD-Fraktionschef Alexander Gauland innerhalb der Bundespartei an Einfluss. Die politikwissenschaftliche Rede Gaulands als Alterspräsident des Landtags habe keineswegs jenes Klientel bedient, das ansonsten für die AfD stimme. Gleichwohl dominiere Gauland die Landtagsfraktion nach wie vor. Im Parlament sei die AfD dabei, sich politisch »passfähig« zu machen. Görke berichtete von Versuchen der AfD, sich über die Finanzierung parteinaher Stiftungen eine Geldquelle zu erschließen.

Angesichts der Vielzahl von AfD-Funktionären, die früher in rechtskonservativen, rechtsradikalen oder auch rechtsextremistischen Formatierungen auftraten, sagte Wissenschaftler Kopke, es könne nicht darum gehen, diesen Leuten beständig vorzuwerfen, was sie vor 10 oder 20 Jahren getrieben haben. Wichtig sei aber die Feststellung, wie sich die AfD heute dazu verhalte. Starke Bindungen besitze die Partei in Burschenschaften hinein, die in Deutschland schon immer dem stark rechten Lager zugeordnet waren.

Obwohl die meisten AfD-Anhänger bei Wahlen offenbar schon immer den rechten Rand angekreuzt haben, ist nachweisbar, dass die LINKE rund 20 000 ihrer Wähler an die AfD verloren hat, mehr als die anderen traditionellen Landtagsparteien. Mit positiven Reminiszenzen an die DDR-Zeit hatte die AfD im Wahlkampf nicht gegeizt. Kopke wies darauf hin, dass es aber eher die problematischen DDR-Seiten waren wie Überwachung, Autoritätsanspruch und obrigkeitsstaatliches Denken, die angepriesen worden seien. Diese Dinge werden Kopke zufolge von den Sozialisten heute nicht als bewahrenswert betrachtet.

LINKE-Landeschef Görke erklärte die massenhafte Wählerwanderung weg von seiner Partei mit der Hoffnung der Menschen, »Protest« zum Ausdruck bringen zu können. Da sei auch das Gefühl »Es ist was Neues« im Spiel gewesen. Die LINKE dürfe den mitunter geschickten Verführungen der AfD auf Kreisebene nicht auf den Leim gehen. Auch gemeinsame Anträge im Landtag schloss Görke aus.

Die Tatsache, dass AfD-Landes- und Fraktionschef Gauland den Parteiausschluss des uckermärkischen Kreisvorsitzenden aufgrund von Antisemitismusvorwürfen betreibt, erklärte Politikwissenschaftler Kopke mit der Erkenntnis, »dass man das Spiel nicht überdehnen kann«. Ein offener, uncodierter Antisemitismus werde in der politischen Sphäre Deutschlands nicht akzeptiert. Ein harter Antisemitismus sei hierzulande »nicht vermittelbar«. Daher habe Gauland »die Reißleine gezogen«.

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