Die Rückkehr der Benzinfresser

Wegen des billigen Benzins sind sparsame Autos auf der Messe in Detroit unbeliebt

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
In den USA sind die Benzinpreise 2014 um mehr als ein Fünftel gefallen. Deswegen bevorzugen die US-amerikanischen Kunden wieder große Fahrzeuge.

Die internationale Auto-Show in Detroit setzt traditionell den Trend für das Marktgeschehen des gerade begonnenen Jahres in den Vereinigten Staaten. Denn Autos werden wieder gekauft, seit sich die Wirtschaft in den USA erholt hat und Benzin fast täglich billiger wird. Das zeigt Wirkung bei den Konstrukteuren. In der bis zum 25. Januar laufenden Automesse geben nicht mehr spritsparende oder Elektroautos den Ton an. Gefragt sind die »muscle cars« - Muskelpakete mit vielen Pferdestärken, die die US-Amerikaner vor der Finanzkrise so liebten. Diese Liebe scheint neu erwacht.

Da können sich auch deutsche Au-tobauer über eine gestiegene Nachfrage in den USA freuen. Deren oberster Lobbyist Matthias Wissmann vom Verband der Automobilindustrie frohlockte am Montag: » Jeder achte Pkw, der in den USA verkauft wird, trägt ein deutsches Markenzeichen.« So verkauften Mercedes, BMW und Co. letztes Jahr fast eine Million Pkw in den Vereinigten Staaten. Insgesamt exportierten die hiesigen Autobauer 4,3 Millionen Fahrzeuge - ein Plus von zwei Prozent im Vergleich zum Jahr 2013.

Gefragt sind derzeit Trucks, also die beliebten Kleinlaster mit limousinenbequemer Fahrerkabine für zwei bis fünf Personen, sowie die SUVs, geländegängige Limousinen. Acura stellt in Detroit sein NSX Supercar vor. Dodge bringt den Charger mit 707 PS. Ford zeigt seinen F-150 Truck mit dem kraftstrotzenden Modell SVT Raptor. Toyota kommt mit dem neuen Tacoma Pickup und General Motors (GM) lässt den neuen Chevrolet Colorado und den Truck GMC Canyon auf die Ausstellungsbühne rollen.

»Wenn es ein gemeinsames Stichwort gibt, dann ist das: Leistung. Alles geht nur um die (Pferde-)Stärke«, sagt die Automarkt-Analystin Jessica Caldwell von Edmuns.com, einer Autowebseite aus Kalifornien. Es möge Zufall sein oder nicht, dass die Vorstellung der viel verbrauchenden neuen Motoren jetzt mit sinkenden Benzinpreisen zusammenfalle. »In jedem Fall ist das die am wenigsten grüne Automesse sei Jahren.«

Ford heizt die Spekulationen an, wie stark sein neues GT-Modell wirklich sein wird. Akshay Anand von der Forschungsfirma Kelley Blue Book erwartet »etwas Saftiges«, also ein Modell mit noch mehr PS. Das Auto soll mit einem Sechszylinder-V-Motor ausgestattet sein, der aber auch einige »Öko-Bestandteile« haben werde.

Die US-amerikanischen Autokäufer halten sich jedenfalls an den Trend. Waren in den vergangenen Jahren des teuren Benzins Elektroautos oder solche mit Hybridantrieb gefragt, sind es jetzt wieder Benziner. 55 Prozent aller im vergangenen Jahr in den USA an Privatkunden verkauften Autos waren leichte Trucks, Pickups, SUVs oder Geländelimousinen, die so genannten Crossovers. Das ist die höchste Prozentzahl seit 2005, lange vor der Krise der Finanzen und der hohen Ölpreise. Nur 16 Prozent machten kleine Autos aus, die weniger Sprit verbrauchen. Die Benzinpreise sind seit dem vergangenen Juni abgestürzt und liegen jetzt oft unter zwei Dollar für die Gallone (1,69 Euro für 3,78 Liter).

Elektroautos rechnen sich angesichts dieser Preise nicht. Laut einer Studie der Bank Morgan Stanley amortisiert sich der höhere Anschaffungspreis eines Elektroautos gegenüber dem Benzinfahrzeug innerhalb von fünf Jahren - wenn der Spritpreis bei vier Dollar pro Gallone liegt. Bei zwei Dollar wie jetzt braucht man 14 Jahre, um den höheren Kaufpreis wettzumachen. Doch niemand in den USA fährt sein Auto so lange.

Die Automanager beteuern, dass man gleichzeitig auf die Energiesparregeln der Regierung achte. GM-Chefin Mary Barra etwa sagte, General Motors sei »zu 100 Prozent bemüht«, die Vorgaben zu erfüllen. So bringt Chevrolet auch ein neues Modell des mit Elektro-Benzin-Hybridantrieb ausgestatteten Volt auf den Markt. Das schlankere und leichtere Fahrzeug ist der Hingucker unter den wenigen Spritsparern in Detroit. Doch 2015 werde nicht das Jahr des Volt oder seiner Konkurrenten wie Prius von Toyota und anderer sein, wissen die Analysten. Barclays Auto-Analyst Brian Johnson: »Verbraucher ziehen die SUVs den Autos vor, vor allem, wenn das Benzin billig ist. Und das wird die Verkäufe zumindest im ersten Halbjahr 2015 bestimmen.«

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