Kabinett für Personalausweis-Entzug bei Islamisten

Linkenpolitikerin Jelpke: »Fraglich, ob dieser Eingriff verhältnismäßig ist« / Terroranhänger reisen trotz Passentzugs aus

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Berlin. Die Bundesregierung will Reisen von mutmaßlichen Islamisten in Kampfgebiete wie Syrien und Irak eindämmen - das Bundeskabinett beriet dazu am Mittwoch über eine Gesetzesänderung. Die Behörden sollen verdächtigen Terroranhängern demnach in Zukunft für bis zu drei Jahre den Personalausweis abnehmen können. In einem ersten Entwurf war hierfür noch eine Dauer von maximal 18 Monaten vorgesehen gewesen. Anstelle des Personalausweises sollen die Betroffenen ein Ersatzdokument bekommen, mit dem sie Deutschland nicht verlassen dürfen. Die Regelung war schon länger vereinbart, sie ist keine unmittelbare Reaktion auf die Anschläge von Paris.

Die Linke-Politikerin Ulla Jelpke kritisierte das Gesetzesvorhaben. Das Vorgehen gegen Extremisten müsse ohne Verletzung von Grundrechten geschehen. »Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Sicherheitsbehörden ohne richterliche Anordnung den Entzug eines Personalausweises und die Ausgabe eines Ersatzpapieres mit Ausreisesperrvermerk anordnen können«, sagte Jelpke. »Ein Richtervorbehalt wäre aus rechtsstaatlicher Sicht das mindeste, allerdings ist generell fraglich, ob dieser Eingriff verhältnismäßig ist.«

Bislang ist es bereits möglich, Terroranhängern den Reisepass zu entziehen - nicht aber den Personalausweis. Mindestens 20 Islamisten konnten nach Medienberichten trotz Entzugs des Reisepasses bislang aus Deutschland in den Bürgerkrieg nach Syrien und in den Irak reisen. Das berichteten die Zeitungen »Hamburger Abendblatt« und »Die Welt« unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei. Nach den Angaben nutzten die potenziellen Dschihadisten den Landweg quer durch die Europäische Union, dann über die Türkei und weiter nach Syrien. Für diese Reise reiche der Personalausweis aus, hieß es.

Insgesamt sollen bislang mehr als 500 Extremisten von Deutschland aus nach Syrien und in den Irak gereist sein. Davon waren nach Angaben der Behörden 40 Prozent keine deutschen Staatsbürger. dpa/nd

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