Englands TV-Vertrag macht die Bundesliga-Größen nervös

Die Premier League hat künftig mehr als dreimal so hohe Einnahmen wie die deutsche Eliteklasse, deren Manager nun »Reformen« anregen

  • Jörg Soldwisch
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit Staunen und etwas Sorge haben die Bundesligamanager auf den milliardenschweren TV-Vertrag in England reagiert. Um die Kluft nicht größer werden zu lassen, sind viele zu Kompromissen bereit.

Der bahnbrechende TV-Vertrag in England hat die Macher der Fußball-Bundesligisten aufgeschreckt. Nach dem 9,5-Milliarden-Euro-Deal der englischen Premier League beschäftigen sich die Manager verstärkt mit der Frage, die zuvor DFL-Boss Christian Seifert angeschoben hat: Ist die Deutsche Fußball Liga (DFL) bereit, mehr TV-Gelder durch »unpopuläre Maßnahmen« zu generieren?

»Dieser Deal macht die DFL schon etwas nervös und bringt sie in Zugzwang«, sagte Hannovers Sportdirektor Dirk Dufner. In der brisanten Debatte wünscht sich Manager Klaus Allofs vom VfL Wolfsburg daher »keine Tabu-Themen«. Auch die Umverteilung der Anstoßzeiten, die von vielen Fans aus Sorge vor »Salami-Spieltagen« abgelehnt wird, müsse zumindest in Betracht gezogen werden.

In die gleiche Kerbe schlägt Sportdirektor Max Eberl von Ligakonkurrent Borussia Mönchengladbach. »Natürlich müssen wir uns Gedanken machen, wie wir uns Märkten öffnen können, die andere Anstoßzeiten benötigen als 15.30 Uhr«, sagte Eberl: »Das hören viele nicht gerne, aber ich finde, dass wir mit der Zeit gehen müssen.«

Auch die ARD-Sportschau am frühen Abend könnte auf dem Prüfstand stehen. »Aber noch ist Fußball bei uns Gemeingut«, sagte Dufner: »Ich sehe nicht, dass man diese heilige Kuh schlachtet.« Die Klubverantwortlichen erhoffen sich bei künftigen TV-Verträgen Steigerungsraten wie in England, ansonsten drohen die Topklubs der Insel sportlich zu enteilen. »Wenn sich bei uns nichts tut, und in England tut sich etwas«, sagte Allofs, »dann bedeutet das, dass die Konkurrenzfähigkeit darunter leidet.« So sieht es Schalkes Sportvorstand Horst Heldt. »Um international konkurrenzfähig zu sein«, sagte der 45-Jährige, »müssen wir die vorhandene Lücke ein bisschen schließen.« Dazu gehöre auch die Bereitschaft, »über viele Sachen nachzudenken«.

Stuttgarts Trainer Huub Stevens warnte jedoch davor, die Rechnung ohne die Fans zu machen. »Ich weiß nicht, ob es in Deutschland möglich ist, um zwölf Uhr mittags zu spielen«, sagte er: »Ich denke, Fußball ist noch immer für die Fans, für das Publikum.«

Zurückhaltend äußerte sich auch Thomas Eichin. Der Geschäftsführer von Werder Bremen warnte: »Die Liga boomt, da müssen wir schon aufpassen, dass wir nicht überzocken.« Generell sei es zwar gut, wenn die Bundesliga in Sachen TV-Erlöse »über den Tellerrand« schaue, aber die Entwicklung in England beschrieb Eichin als »finanziellen Wahnsinn und ein bisschen besorgniserregend«.

Die englische Premier League hat einen neuen Fernseh-Vertrag abgeschlossen, der von 2016 bis 2019 rund 9,5 Milliarden Euro in die Kassen der Klubs spülen wird. Das sind knapp 3,2 Milliarden pro Saison. Zum Vergleich: Die Deutsche Fußball Liga (DFL) plant für die Saison 2016/17 mit Einnahmen in Höhe von 835 Millionen Euro. Für die Bundesliga-Manager dürfte das Arbeiten auf dem Transfermarkt durch die Entwicklung in England erschwert werden. »Ich befürchte, dass die Preise weiter steigen werden«, sagte Allofs. Wechsel von Top-Spielern aus der Premier League in die Bundesliga, wie sie Wolfsburg mit Kevin de Bruyne (22 Millionen Euro) und André Schürrle (32 Millionen Euro) realisieren konnte, seien künftig noch unwahrscheinlicher.

Dass die englischen Klubs der Bundesliga aber die Stars wegkaufen, das glaubt Eberl nicht. »Ich bin überzeugt, dass ein Marco Reus nicht nach Hull oder Stoke wechselt und dass auch andere Stars in Deutschland bleiben wollen«, sagte der 41-Jährige: »Nicht immer entscheidet der Geldkoffer.« SID

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