1000 Euro weniger für Leiharbeiter

In der Pflegebranche erweist sich die Zeitarbeit als Lohnkiller

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Wer als Leiharbeiter in der Kranken- oder Altenpflege tätig ist, verdient deutlich weniger als die fest angestellten Kollegen. Währenddessen zeigt sich, dass immer mehr Frauen Teilzeit arbeiten.

Dass Leiharbeit die Löhne drückt, gilt bei Gewerkschaften und Linkspartei als gesicherte Erkenntnis. Im ohnehin oft prekären Pflegebereich ist der Lohnabstand zwischen Festangestellten und Leiharbeitern besonders deutlich. Dies geht aus der Antwort der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann (LINKE) hervor. Demnach verdienten Gesundheits- und Krankenpfleger im Bereich der Leiharbeit als Vollzeitbeschäftigte durchschnittlich 2047 Euro brutto im Monat. Ihre fest angestellten Kollegen erhielten hingegen 3014 Euro brutto. Obwohl die Arbeitsbelastung dieselbe war, betrug der Lohnunterschied zwischen beiden Gruppen fast 1000 Euro. Wobei viele Leiharbeiter im Pflegebereich noch schlechter entlohnt wurden. Mehr als 45 Prozent von ihnen lagen unterhalb der bundeseinheitlichen Niedriglohnschwelle von 1973 Euro. Zum Vergleich: Bei den Stammbeschäftigten betraf das «nur» 11,7 Prozent.

Im Bereich der Altenpflege ist die Entlohnung noch mieser. Hier lag der Niedriglohnanteil bei den Leiharbeitskräften bei 56 Prozent. Unter den fest Beschäftigten lag die Quote bei 35,9 Prozent. Der Verdienst als Leiharbeitskraft betrug durchschnittlich 1879 Euro brutto im Monat. Wohlgemerkt für eine Vollzeitstelle! Damit lag das Einkommen der Leiharbeitskräfte um fast 400 Euro niedriger als das der Festangestellten, die im 2263 Euro brutto erhielten.

«Kaum eine Berufsgruppe bleibt mittlerweile von der Leiharbeit verschont», betonte Sabine Zimmermann gegenüber «nd». «Selbst gefragte Fachkräfte wie Krankenschwestern und Altenpfleger/innen müssten sich »als Leiharbeitskräfte verdingen und sich dem Lohndumping der Branche aussetzen«.

Ein BA-Sprecher gab gegenüber »nd« zu bedenken, »dass Leiharbeit für den Arbeitgeber billiger ist«. Teilweise müssten die Krankenhäuser oder Pflegeheime sogar mehr bezahlen als für Festangestellte. »Schließlich kommen viele Leiharbeitskräfte zum Einsatz, um Personalengpässe zu überbrücken«, so der BA-Sprecher.

Doch warum kommt bei den Beschäftigten davon nichts an? Ein Teil des Geldes bleibt bei Entleihfirmen hängen. »Die leben davon, die Kräfte zu verleihen«, unterstrich der BA-Sprecher. Die Leiharbeit ist ein Milliardengeschäft. Allein der Marktführer Randstad Deutschland setzte 2013 mehr als 1,8 Milliarden Euro um. Der zweitplatzierte Adecco kommt immerhin noch auf rund 1,5 Milliarden Euro.

Bundesweit sind rund 850 000 Menschen in Zeitarbeit. Davon waren im Jahr 2014 etwa 16 830 Leiharbeitskräfte im Gesundheits- und Pflegebereich tätig. Die beiden größten Gruppen waren dabei Gesundheits- und Krankenpfleger sowie Altenpfleger. In beiden Branchen sind überwiegend Frauen beschäftigt.

Eine weitere Anfrage von Sabine Zimmermann, diesmal an die Bundesregierung, hat nun ergeben, dass immer weniger Frauen Vollzeit arbeiten. Die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen ging zwischen 2001 und 2014 um knapp eine Million auf 7,5 Millionen zurück. Demnach arbeiteten 2014 rund 6,3 Millionen Frauen in sozialversicherungspflichtigen Teilzeitjobs. Davon hatten 5,3 Millionen ausschließlich einen Minijob. So fiel die Vollzeitquote von 55 Prozent im Jahr 2001 auf 40 Prozent im Jahr 2014. Das liegt auch daran, dass immer mehr Frauen eine Arbeit aufnehmen, aber selten ein Ganztagsstelle finden oder wollen. Seit 2001 stieg die Zahl der berufstätigen Frauen um 1,7 Millionen. Damit kletterte die Erwerbsquote von 63 Prozent auf knapp 72 Prozent.

Rein statistisch nähert sich die Bundesrepublik damit dem DDR-Niveau. In der Deutschen Demokratischen Republik lag der Anteil der berustätigen Frauen, unter Berücksichtigung der Auszubildenden, im Jahre 1989 bei über 91 Prozent. Allerdings arbeiteten damals nur 27 Prozent in Teilzeit.

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