Grüne fordern Asyl für saudischen Blogger Raif Badawi

Opposition und Amnesty erwarten von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) klare Worte in Saudi-Arabien / LINKE für Ende deutscher Rüstungsexporte /

  • Lesedauer: 3 Min.
Saudi-Arabien missachtet Menschenrechte, vollstreckt viele Todesurteile - und Wirtschaftsminister Gabriel fährt jetzt hin. Amnesty und die Opposition fordern ihn auf, sich in Riad im Fall Badawi nicht wegzuducken.

Berlin. Deutschland sollte dem in Saudi-Arabien gefolterten Blogger Raif Badawi nach Ansicht der Grünen Asyl gewähren. Vor der Reise von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an diesem Wochenende nach Riad sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der »Leipziger Volkszeitung« (Samstag): »Gabriel sollte Badawi im Namen der Bundesregierung Asyl in Deutschland anbieten, um seine Ausreise zu ermöglichen.«

Bundestagsopposition und Amnesty International verlangen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei seinem bevorstehenden Besuch in Saudi-Arabien Klartext zum Thema Menschenrechte. Er müsse »unmissverständlich die schwierige Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ansprechen«, forderte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter in der »Passauer Neuen Presse« (Freitag). Die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan, sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das Schicksal des verurteilten Bloggers Raif Badawi: »Gabriel muss sich in Riad mehr trauen, weil sich der Fall Badawi zugespitzt hat.«

Ob Gabriel bei seinen Gesprächen mit dem saudischen Königshaus den Fall direkt anspricht, ist offen: »Das kann ich ihnen im Vorfeld nicht sagen«, meinte ein Sprecher des Vizekanzlers am Freitag. Es ist der erste Besuch eines deutschen Regierungsmitglieds in Riad seit dem Tod von König Abdullah Ende Januar.

Der Blogger Badawi war im Mai 2014 zu zehn Jahren Haft, 1000 Stockschlägen und einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er in einem Internetforum den Islam beleidigt haben soll. Die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass Badawi sich in großer Gefahr befinde - Gabriel müsse helfen.

Badawis Verfahren wurde nach Amnesty-Angaben an ein Strafgericht in der Stadt Dschidda zurückverwiesen. Dort drohe ihm eine neue Anklage wegen Abfalls vom Glauben - darauf stehe in dem islamisch-konservativen Königreich die Todesstrafe, sagte Caliskan. »Zuständig ist der gleiche Richter, der ihn schon zweimal wegen dieses Delikts anklagen wollte. Das ist eine Katastrophe für Herrn Badawi. Wir hoffen, dass er nicht die Todesstrafe bekommt.« Badawis Ehefrau Ensaf, die mit den Kindern im Exil in Kanada lebt, hat Gabriel um Hilfe gebeten.

Göring-Eckardt meinte, ein jährliches Handelsgeschäft von 11 Milliarden Euro sei »ein Pfund, das die Bundesregierung nutzen und für mehr Menschenrechte in Saudi-Arabien nutzen sollte«. Das sieht auch die Linkspartei so, die wie die Grünen ein Ende deutscher Rüstungsexporte an den Golf verlangt.

Gabriel besucht von Samstag an zunächst Saudi-Arabien, dann die Vereinigten Arabischen Emirate und schließlich Katar. Der SPD-Chef hatte zuletzt in Berlin das saudische Königshaus in Anwesenheit des Ölministers Ali al-Naimi an die Einhaltung von Menschenrechten und die Verhältnismäßigkeit im Rechtssystem erinnert - ohne den Fall Badawi zu erwähnen. Gabriel vertritt den Standpunkt, es sei für Betroffene besser, hinter den Kulissen für sie einzutreten.

Bei Todesstrafen und vollstreckten Hinrichtungen liegt Saudi-Arabien nach Amnesty-Angaben hinter China, Iran und Irak weltweit auf Platz vier. 2014 seien mindestens 76 Menschen hingerichtet worden, im laufenden Jahr bereits 40. Der neue König Salman lasse keine Milde erkennen, sagte Caliskan. »Wir hätten eine Amnestie für alle, nicht nur für normale Kriminelle, sondern auch für Regimekritiker erwartet. Das ist nicht passiert.« dpa/nd

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