Massive Beschneidung des Asylrechts

LINKE lehnt Gesetzentwurf der Koalition ab SPD und Grüne für Nachbesserungen beim Bleiberecht

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die umstrittene Reform des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung wurde erstmals im Bundestag diskutiert. Oppositionspolitiker warnten vor scharfen Einschnitten.

Bei heiklen Themen flüchten sich Politiker gerne ins Beamtendeutsch. »Erhebliche Vollzugsdefizite in der Aufenthaltsbeendigung müssen beseitigt werden«, kündigte Innenminister Thomas de Maizière am Freitag im Bundestag an. Im Klartext bedeutete die Aussage des CDU-Politikers, dass Flüchtlinge, die nicht bleiben dürfen, künftig schneller aus Deutschland abgeschoben werden sollen. Die Mittel dafür sind in einem Gesetzentwurf der Großen Koalition festgelegt, der nun erstmals im Parlament debattiert wurde.

Ein Grund für diese Gesetzesänderung ist, dass Koalitionspolitiker den Widerstand fremdenfeindlicher Bewegungen gegen ihre Asylpolitik fürchten. Zwar spielt Pegida inzwischen keine große Rolle mehr. Aber das Bündnis hat gezeigt, dass es die Basis für eine rechte Massenbewegung gibt. De Maizière betonte, die Umsetzung des Vorhabens sei nötig, um die Akzeptanz für die Aufnahme von legalen Flüchtlingen in Deutschland »zu stärken und zu erhalten«.

Wer beim Asylverfahren trickse und täusche, dürfe nicht noch mit einem Bleiberecht belohnt werden, sagte der Minister. Dabei geht es vor allem um Schutzsuchende, die aus Angst, schnell wieder ausgewiesen zu werden, ihre Identität verschleiern. Für den gesamten Schengenraum sollen nach dem Willen der schwarz-roten Bundesregierung bald Einreise- und Aufenthaltsverbote möglich werden, wenn ein Asylantrag aus Sicht der Behörden »missbräuchlich« gestellt wird. Abgelehnten Asylbewerbern droht demnach ein »Ausreisegewahrsam«. Zudem soll bereits die Einreise von Flüchtlingen aus einem anderen EU-Staat nach Deutschland als möglicher Inhaftierungsgrund gelten.

Weil die Bundesrepublik von anderen Staaten der Europäischen Union umgeben ist, fragte die LINKE-Innenpolitikerin Ulla Jelpke, über welche Länder die Asylbewerber denn sonst einreisen sollten. Nach ihrer Ausweisung würden sie »in völlig überfüllte Flüchtlingslager nach Bulgarien, Ungarn und andere Staaten gebracht«, kritisierte Jelpke. Eine menschenwürdige Versorgung werde dort nicht sichergestellt. Als Betroffene der Einreise- und Aufenthaltsverbote sieht die LINKE-Politikerin vor allem Roma aus den Balkanstaaten. Jelpke konstatierte, dass die Bundesregierung das Asylrecht insgesamt massiv beschneiden wolle.

Neben Verschärfungen sind in dem Gesetz einige Verbesserungen für langjährig geduldete Menschen in Deutschland enthalten. Sie haben bisher keine gesicherten Aufenthaltsrechte und sollen nun eine dauerhafte Bleibeperspektive erhalten, wenn sie etwa Sprachkenntnisse vorweisen und ihren Lebensunterhalt überwiegend selbst sichern können.

Die SPD steht zu dem Kompromiss, den sie mit der Union geschlossen hat. Aber nicht alle sozialdemokratischen Abgeordneten sind mit dem Gesetzentwurf vollständig zufrieden. Rüdiger Veit äußerte sich in seiner Bundestagsrede immerhin kritisch zu den Haftgründen und forderte Nachbesserungen. Jelpke habe zurecht darauf hingewiesen, dass es aus geografischen Gründen für einen Flüchtling technisch kaum noch machbar sei, nach Deutschland zu kommen, ohne sich eines Schleusers zu bedienen, sagte der SPD-Politiker. Aber das soll künftig bestraft werden.

Zudem äußerte Veit die Hoffnung, dass noch parteiübergreifend eine Lösung gefunden werde für die geduldeten jungen Leute, die sich in einer Berufsausbildung oder in einem Studium befinden. »Es gibt zurecht eine Initiative aus dem Bundesrat, die fordert, dass Betroffene bis zum Erreichen ihres Ausbildungsabschlusses eine gesicherte Aufenthaltsperspektive erhalten«, so der Sozialdemokrat.

Unterstützung erhielt er von den Grünen. Deren Parlamentarierin Luise Amtsberg erklärte, dass die betroffenen Jugendlichen sehr viele Potenziale hätten. »Diese sollten wir nutzen«, sagte Amtsberg. Davon würde auch die gesamte Gesellschaft profitieren. Diesbezüglich bleibe die Bundesregierung aber eine Antwort schuldig, kritisierte die Grüne.

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