Kranz im Gepäck?

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Alles ist genormt. Eine Kiste mit schwerem Material wiegt 30 Kilogramm. Eine Reisetasche zehn weniger, ein Rücksack darf 15 Kilogramm wiegen. Die persönliche Ausstattung reicht - jenseits von der Bewaffnung - von der Socke über das Nachtsichtgerät bis zu Schutzweste und Helm. Ausrüstung für sieben Tage im Einsatz behält der Soldat praktisch am Leib. Der Rest wird mit Containern »nachgeführt«. Per Zug oder Flugzeug. Wohin? Auch ohne klare Aussage ist die Richtung klar: Es geht an die Ostgrenze der NATO. Wie dicht man an die russische Grenze heranrückt, ist »lageabhängig«.

Für jeden Soldaten gibt es eine Zollerklärung. René L. von der 2. Kompanie des PzGrenBatl 271 in Marienberg schickt seine Kiste mit »Bekleidung und persönlicher Ausrüstung« an René L. von der 1. Mech.InfKp. in die Uliza Lotnikow Alianckich. Die Straße der alliierten Piloten befindet sich im polnischen Zagan. Da nicht sicher ist, dass man dem Soldaten L. und seinen Kameraden etwas Wesentliches über den Ort und den Straßennamen gesagt hat, hier die notwendige Ergänzung: Seit Mai 1942 gab es bei der Stadt Sagan - heute Zagan - ein Kriegsgefangenenlager der Wehrmacht. Vor allem britische und US-amerikanische Luftwaffenangehörige, aber auch Soldaten anderer Nationen hielt man hier gefangen. Über 10 000 Mann. Am 24. März 1944 gelang 76 alliierten Gefangenen die Flucht. Nur drei kamen frei, die anderen wurden eingefangen. Auf direkten Befehl Hitlers hat man 47 Flüchtige unter Verletzung der Genfer Konvention erschossen. 21 der beteiligten Polizei- und Gestapomörder wurden nach dem Krieg von einem britischen Militärgericht in Hameln abgeurteilt und zum Teil gleichfalls hingerichtet.

Ob Soldat René L. und die anderen demnächst dorthin Kommandierten einen Kranz für die Ermordeten niederlegen - und so vielleicht besser begreifen, was Krieg mit Menschen anrichtet? hei

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