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Party-Zelt statt Protest-Camp

Eine geplante illegale Feier eines Millionärs bei Schloss Elmau in Bayern sorgt für Empörung

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 4 Min.
In unmittelbarer Nähe des G7-Gipfelorts bei Schloss Elmau wird ein Riesenzelt aufgebaut, ohne dass die Behörden das merkten. G7-Kritiker, die für ihre Camps keine Flächen bekommen, sind empört.

Ein weißes Riesenzelt für eine private Party nahe dem Schloß Elmau, wo der G7-Gipfel stattfinden soll, sorgt für derzeit für Aufregung. »Während Demonstranten an der Wahrnehmung ihrer Grundrechte massiv behindert werden, können sich Milliardäre offenbar alles erlauben«, kritisierte Benjamin Ruß, Sprecher des »Stop G7«-Bündnisses. Seit Monaten versucht das Bündnis für die Demonstrationen anlässlich des G7-Gipfels am 7. und 8. Juni Campingflächen für die angereisten Demonstranten zu organisieren.

Auch Eva Bulling-Schröter, Landessprecherin der Linkspartei in Bayern, forderte: »Ich verlange zur Überlassung des Landeplatzes Transparenz und Aufklärung. Es kann nicht sein, dass ein aus Steuermitteln gebauter Landeplatz vom Hotelbetreiber einfach so für ein privates Fest genutzt wird.« Die Behörden haben die Vorbereitungen für die Privatparty mittlerweile gestoppt.

Am Montag war bekannt geworden, dass Bauarbeiter auf dem Hubschrauberlandeplatz neben dem Schloss Elmau ein riesiges Zelt aufbauten - 50 Meter lang, 25 Meter breit und 25 Meter hoch. Warum die Behörden sich um ein derartiges Vorhaben in einem Landschaftsschutzgebiet, das wegen des bevorstehenden Gipfels von der Polizei besonders beobachtet wird, bislang nicht kümmerten, ist unklar. Der Hubschrauberlandeplatz wurde extra für den G7-Gipfel mit Steuergeldern errichtet und gehört den Bayerischen Staatsforsten.

Zunächst hieß es gerüchteweise, ein russischer Oligarch feiere seinen 50. Geburtstag, der US-Rockstar Lenny Kravitz oder die Gruppe Rammstein sollten auf der Bühne vor dem Zelt auftreten. Dann sagte eine Sprecherin des Schloss-Hotels: »Es ist ein deutscher Geschäftsmann, der seine Party feiert.« Diese sollte am Samstag um 19 Uhr starten. Unter anderem sollte Max Raabe mit seinem Orchester für Unterhaltung sorgen. Schlossbesitzer Dietmar Müller-Elmau wird in der Presse mit den Worten zitiert: »Da feiert ein seriöser Privatmann, der Freunde aus der ganzen Welt eingeladen hat. Niemand wird belästigt, trotzdem finden es einige schon wieder ganz schlimm.«

Das Landratsamt hatte am Montag den Weiterbau des Riesenzeltes untersagt. Es seien zwar Zeichnungen und ein Ablaufplan der Party eingereicht worden, aber das entspreche nicht einem Antrag. Außerdem fehle die in der Bayerischen Bauordnung vorgeschriebene Anzeige mit den erforderlichen Unterlagen für einen fliegenden Bau. Laut dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist eine Party in dem sensiblen Gebiet »nicht genehmigungsfähig«. Das habe der Landrat von Garmisch-Partenkirchen signalisiert, »und der Landrat hat unsere volle Unterstützung«.

Ein Sprecher des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen sagte am Mittwoch der dpa, ein Bußgeld sei wahrscheinlich. Der Bauherr habe dem Landratsamt inzwischen mitgeteilt, dass das Zelt wieder abgebaut werde. Die mit dem Bau beauftragten Firmen hätten damit bereits begonnen.

Dass das geplante Millionärs-Camp auf Empörung besonders der G7-Gegner stößt, hat auch etwas damit zu tun, dass die Behörden bislang alle Bemühungen für ein Protest-Camp abgelehnt haben. Bei zwei vom Bündnis »Stop G7« initiierten Gesprächsrunden zeigten etwa die Gemeinden Krün und Mittenwald völliges Unverständnis für die Anliegen der Protest-Organisatoren. »Zum einen haben wir keine Flächen, die wir zur Verfügung stellen könnten, und zum anderen wäre dies auch nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger«, so der Bürgermeister von Krün, Thomas Schwarzenberger (CSU). Man wolle zwar das Recht auf freie Meinungsäußerung schützen, Camps in der Region aber nicht zulassen.

York Runte vom Arbeitskreis Camp des Protestbündnisses ist über die bisherige Entwicklungen entsetzt: »Wir haben eine gemeinsame und solidarische Lösung angestrebt. Den Gemeinden liegt aber offensichtlich nichts an strukturierten Verhältnissen, wenn es um die Proteste vor Ort geht.«

Für Wirbel sorgt übrigens auch eine geplante Privatparty im 30 Kilometer entfernten Telfs in Tirol. Im dortigen Nobelhotel wird zeitnah zum G7-Gipfel das geheime Treffen der sogenannten »Bilderberger« stattfinden. Das ist eine alljährliche private Konferenz, auf der sich an die einhundert Mächtigen, Reichen und Einflussreichen aus Politik, Wirtschaft und Medien unter Ausschluss der Öffentlichkeit treffen. Zahlen wird für diese Privatparty allerdings der österreichische Steuerzahler, jedenfalls was die Sicherheitsmaßnahmen der Polizei anbelangt. Ein Grund für Irene Labner, Vorsitzende der Tiroler Piratenpartei, die »Bilderberger« zur Kasse zu bitten: »Wir fordern, dass auch für die Veranstalter der Bilderbergtagung der übliche Kostensatz einzuheben ist, der auch für andere Privatveranstalter anfallen würde.«

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