Thüringer AfD zerlegt sich

Streit in Landtagsfraktion führt zu Aussschluss des Abgeordneten Siegfried Gentele

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Erfurt. Der interne Streit in der Thüringer AfD-Fraktion eskaliert. Die Abgeordneten schlossen am Mittwoch den Parlamentarier Siegfried Gentele aus der Fraktion aus. »Das Vertrauensverhältnis der Fraktionsmehrheit zu Herrn Gentele ist nachhaltig zerrüttet, so dass eine weitere konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist«, bestätigte die Partei.

Grund ist ein Artikel in der »Thüringischen Landeszeitung«, in dem Gentele Fraktionschef Björn Höcke kritisiert. Höcke fahre lieber durch Deutschland und halte Reden, anstatt sich um seine Arbeit im Freistaat zu kümmern, wird er zitiert.

»Kritik ist in dieser Partei in Thüringen anscheinend nicht angebracht«, sagte Gentele der Deutschen Presse-Agentur. Die Abstimmung in der Fraktion sei drei zu acht gegen ihn ausgegangen. Damit sitzen nun nur noch zehn Abgeordnete für die Rechtspartei im Landtag.

In der Fraktion gibt es schon länger Richtungsstreitigkeiten und Kritik an Höcke. Sie teilt sich in ein bürgerlich-konservatives und ein national-rechtes Lager, dem auch Höcke zugerechnet wird.

Er wolle sein Mandat nun zunächst als fraktionsloser Abgeordneter ausüben, dabei aber innerparteilich gegen seinen Ausschluss vorgehen, sagte Gentele. Er bezeichnete seinen Rauswurf als »typische AfD-Masche«, um unbequeme Parteimitglieder mundtot zu machen. Zusätzlich habe Höcke angekündigt, ein Parteiausschlussverfahren gegen Gentele einzuleiten.

Wie aus Fraktionskreisen verlautete, kam der Schritt überraschend. Er sei »geschockt und fassungslos«, sagte ein AfD-Politiker. »Wenn jemand Kritik übt und die begründen kann, dann ist das ungehörig, so zu reagieren.« Es scheine zu den Charaktereigenschaften des Lehrers Höcke zu gehören, schnell zum Tadel zu greifen.

Über das Schicksal zweier weiterer AfD-Abgeordneter, die in Ungnade gefallen sind, ist nach Angaben der Partei noch nicht entschieden. Über einen Antrag, Jens Krumpe und Oskar Helmerich ihre Plätze in den Fachausschüssen wegzunehmen, werde erst noch abgestimmt. Innerhalb der Fraktion wird der Antrag als Disziplinierungsmaßnahme gesehen, um die beiden Kritiker eines zu konservativen Kurses im Zaum zu halten.

Krumpe, Helmerich und Gentele hatten sich vor einigen Wochen der »Deutschland-Resolution« angeschlossen, die Hans-Olaf Henkel und andere führende Köpfe des Bundesvorstandes gegen einen Vorstoß Höckes formuliert hatten. Darin heißt es unter anderem: »Wir brauchen weder Flügelkämpfe noch wolkige Phrasen aus dem Arsenal rechter Splitterparteien.«

Höcke hatte zuvor in seiner »Erfurter Resolution« die »Feigheit« führender liberaler Parteimitglieder moniert und ihnen »Verrat an den Interessen unseres Landes« vorgeworfen. Der Brandenburger AfD-Chef Alexander Gauland schloss sich ihm an. dpa/nd

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