#HateSpeech: Wie aus Worten Hass entsteht

Broschüre soll aufklären über Gefahren der Debattenkultur im Internet

  • Florian Brand
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Sprache des Hasses - Hate Speech - hat sich in der digitalen Kommunikation breit gemacht. Neonazis verbreiten als Wolf im Schafspelz rechtsradikale Gedanken und platzieren rechte Schlagworte in der alltäglichen Sprache

Mit der Broschüre »Geh sterben!« - Umgang mit Hate Speech und Debattenkultur im Internet widmet sich die Amadeu Antonio Stiftung dem Thema Hate Speech und Debattenkultur und gibt einen Überblick über aktuelle Erscheinungsformen von Hate Speech und der Debatte, die sich darum entsponnen hat. Zusätzlich werden Lösungsansätze diskutiert und verglichen. Nicht zuletzt kommen Expert_innen und von Hate Speech Betroffene zu Wort, deren Erfahrungen in Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Hate Speech eingeflossen sind.

»Haten«, »flaming«, »shit storm« - alltägliche Begriffe aus der digitalen Netzkultur, die sich, wohlwollend formuliert, unter der Rubrik freie Meinungsäußerung verorten lassen – WENN da nicht immer wieder der eine oder andere Kommentar wäre, der das (Kacke-)faß zum überlaufen bringt und eine sachliche Diskussion obsolet macht. Hate Speech hingegen ist eine völlig andere Form der »Meinungsäußerung« und erfüllt unter Umständen auch kriminelle Tatbestände.

Das Internet als Hort der freien Meinungsäußerung wird seit seinen Anfängen von rechtsextremen Aktivist_innen als Propagandaplattform missbraucht. Mit geringem Aufwand und den »rechten Themen« lässt sich relativ schnell Aufmerksamkeit generieren, Gleichgesinnte vereinen und Hetze betreiben.
Dabei wird bei Hate Speech aber nicht einfach nur Hass verbreitet oder unter dem Deckmantel des World Wide Web Tabus gebrochen: Worte formen auch das Bewusstsein, Sprache sortiert Gedanken und bereitet Handeln vor. Neonazis geben sich als »Normale Bürger_innen« aus und verbreiten beispielsweise unter Prämissen, wie »das wird man ja wohl noch sagen dürfen« rechtsradikale Slogans.

Die Aussage »Es sind doch nur Worte!« verharmlost die Funktion von Hate Speech und leugnet die Verbindung zu Pogromen, Übergriffen und Ermordungen an Menschen auf Grund ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihres Genders oder ihrer Sexualität. »Häufig bleibt es nicht bei Hassreden, oft sind Worte die Vorstufe von Taten«, erklärt Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz gegenüber der Amadeu Antonio Stiftung. »Dass aus ›geistiger Brandstiftung‹ viel zu oft Gewalt wird, zeigt der sprunghafte Anstieg von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte.«

»Hate Speech« konkret zu definieren, ist Kontext abhängig. Fundamentale Bestandteile sind fast immer Gleichsetzungen (Juden = Israel; Schwarze = Afrika; usw...), Verschwörungstheorien, verzerrte oder realitätsferne Einordnung durch Ausblendung von Fakten, das Schaffen von »WIR-« und »IHR-«Gruppen und das Konstruieren eines Handlungszwangs (»wenn WIR uns nicht wehren, tanzen DIE uns bald auf der Nase herum«) & die Normalisierung von bestehenden Diskriminierung, wie: »Ist doch kein Wunder, dass die Schwarzen so behandelt werden«. In allen Fällen aber zielt »Hate Speech« darauf ab zu beleidigen, zu diskriminieren und Ängste zu schüren. Dabei schleichen sich Schlagworte aus extrem rechten Kreisen in das kollektive Bewusstsein: »Todesstrafe für Kinderschänder«, »Lügenpresse«, »entartete Kunst«, »Überfremdung«, »Mischehen«, »Endlösung«… Nur ein kleiner Teil des Nazijargon, der heute immer noch verwendet und von rechten Organisationen (NPD, Pegida, Hogesa, ...) instrumentalisiert wird.

Die Feindbilder sind hier altbekannt: Juden, Linke, (Queer-)Feministinnen, Schwarze, Muslime, Homosexuelle und Flüchtlinge. Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und andere Formen der Diskriminierung zeigen sich nicht nur im Netz auf unterschiedlichste Arten, sei es mit offenkundig menschenverachtenden Parolen oder als Satire verpackt.

»‘Geh sterben!‘. Umgang mit Hate Speech und Kommentaren im Internet«

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal