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Widerstand, der verbindet

Beate Klarsfeld und Manolis Glezos sprachen in Berlin über die historischen und aktuellen Kämpfe

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 3 Min.
Diskussionen, Filme und Musik - am Tag der Befreiung wurde ein reichhaltiges Veranstaltungsprogramm geboten, auch mit Zeitzeugen wie zwei Widerstandskämpfern, die sich endlich begegneten.

Ihre Ohrfeige richtete sich nicht nur gegen die Täter. Als Beate Klarsfeld am 7. November 1968 dem damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger ins Gesicht schlug, tat sie dies auch als Akt der Solidarität mit aktiven Antifaschisten. Die Ohrfeige sollte ebenso an all jene erinnern, die wie Manolis Glezos die Nazifahne von der Akropolis und anderen Orten entfernt hatten. Dabei kannte Klarsfeld den griechischen Widerstandskämpfer nicht einmal persönlich. Das sollte noch lange so bleiben - bis zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges. Am Freitagabend trafen sich Klarsfeld und Glezos schließlich im Berliner Kino Babylon auf Einladung der Linksfraktion GUE/NGL im EU-Parlament.

Die Täter standen dabei nicht im Vordergrund. Doch die Bedeutung der Verbrechen der Nazis wurde hier nicht ausgespart, wie bei manch anderer Veranstaltung zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges. So richtete sich die erste Frage von Gabi Zimmer, Vorsitzende der GUE/NGL im EU-Parlament, an ihren griechischen Kollegen Glezos nach den ausstehenden Entschädigungen für NS-Gräuel. Für die Ikone der griechischen Linken ist der Fall klar: »Ein Unrecht muss gesühnt werden«, so Glezos. Der 93-Jährige hofft daher, dass der Druck auf die deutsche Politik aus der hiesigen Bevölkerung heraus wächst. Wie in Hamburg müssten sich auch in Berlin und andernorts Unterstützerinitiativen bilden.

Glezos erinnerte nicht nur an diese jahrzehntealte Forderung. Er sprach sein Publikum direkt an, entschuldigte sich bei den knapp 100 Zuhörern dafür, dass er zu viel gesagt habe. Er wolle keine trübselige Stimmung verbreiten an diesem Feiertag, wenn er mehr verlange als den bis heute nötigen Kampf gegen Faschismus. »Ich will, dass die Ausbeutung der Menschen aufhört«, so Glezos. Damit schlugen er und die Veranstalter die angekündigte Brücke zur Gegenwart. »Nachkriegseuropa verstehen - Europa heute gestalten«, lautete der Titel der Diskussion, die Gabi Zimmer gemeinsam mit der Berliner LINKE-Europaabgeordneten Martina Michels moderierte.

Während Glezos die Analogie des griechischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus mit der jetzigen Arbeit der Linkspartei SYRIZA gegen die neoliberale Sparpolitik aufmachte, warnte Beate Klarsfeld vor der rechtsradikalen Front National. Die Partei in der Hand der Familie Le Pen dürfe nicht unterschätzt werden, sie sei eine Gefahr für die jüdische Bevölkerung in Frankreich. Klarsfeld hofft daher, dass die großen Parteien zusammen eine Präsidentschaft von Marine Le Pen im Zuge der Wahl im Jahr 2017 verhindern werden.

Die klaren Worte von Klarsfeld und Glezos hätten mehr Gehör verdient - der große Saal im Babylon war nur zur Hälfte gefüllt, was womöglich ausgerechnet der Vielzahl an Veranstaltungen an diesem Tag geschuldet war. Schon am Donnerstagabend erinnerte die Linksfraktion im Bundestag unter anderem im Beisein von Manolis Glezos an die Bedeutung des 8. Mai 1945. Auch im Kino Babylon selbst wurde das Gedenken mit einer passenden Filmauswahl fortgesetzt, nachdem bereits Andrej Hermlin mit Kollegen seines Swingorchesters die Musik der Befreier zelebriert hatte.

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