Union ringt um ihre Haltung zur Ehe für alle

Bundesverband der Lesben und Schwulen in der CDU fordert Umdenken seiner Partei / Gysi: »Kein Zögern« bei der Öffnung der Ehe / Volker Beck (Grüne): Fraktionsübergreifende Antrag nötig

  • Lesedauer: 4 Min.

Update 13.00 Uhr: Nach dem irischen Votum für die gleichgeschlechtliche Ehe fordert der baden-württembergische SPD-Vorsitzende Nils Schmid ein Referendum zum selben Thema in Deutschland. »Das Volk soll auch in Deutschland über die Öffnung der Ehe entscheiden können«, sagte er am Dienstag in Stuttgart. »Dieses gesellschaftspolitische Thema eignet sich auch bei uns hervorragend für eine Volksabstimmung.«

Update 12.30 Uhr: Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat das irische Votum für die Gleichstellung der Ehe begrüßt. Eine völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare decke sich mit »theologischen Überzeugungen«, sagte ein Sprecher am Dienstag in Darmstadt. Die EKHN erhoffe sich eine ähnliche Entscheidung auch in Deutschland.

Update 12.15 Uhr: Die CSU sieht nach dem Referendum über gleichgeschlechtliche Ehen in Irland keine Veranlassung, ihre ablehnende Haltung in dieser Frage zu überdenken. Die Zustimmung der Iren, homosexuelle Paare der heterosexuellen Ehe rechtlich gleichzustellen, lasse ihn »unbeeindruckt«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, am Dienstag im WDR-Radio. »Bei uns ist eine andere Diskussionsgrundlage, jedes Land entscheidet für sich selbst.«

Die Debatte um die Gleichstellung

Frankfurt a.M. Das Referendum über gleichgeschlechtliche Ehen in Irland hat auch in Deutschland die Debatte über die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare neu entfacht. Grüne und LINKE forderten die Bundesregierung auf, ihren Widerstand gegen einen vergleichbaren Schritt in Deutschland aufzugeben. Hingegen signalisierten Vertreter der Union Ablehnung. In Deutschland können gleichgeschlechtliche Partner seit 2001 eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen.

Die Iren hatten in einem Referendum am Freitag mit klarer Mehrheit für eine Verfassungsänderung gestimmt, die auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Ehe ermöglicht. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kündigte am Wochenende an, das Bundeskabinett werde am Mittwoch über einen Gesetzentwurf beraten, mit dem eingetragene Lebenspartnerschaften rechtlich stärker an die Ehe herangeführt werden sollen. Eine vollständige Gleichstellung sei aber in der großen Koalition »leider nur schwer realisierbar«, sagte Maas »Spiegel Online«.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl bekräftigte das Nein zu einer Gleichstellung homosexueller Paare und verwies auf den Koalitionsvertrag mit der SPD. »Wir sollten uns an unsere Verabredungen halten«, sagte er der »Frankfurter Rundschau« (Dienstagsausgabe). Den Vorschlag der Gleichstellungsbeauftragten der Bundesregierung, Christine Lüders, über die Öffnung der Ehe für Alle im Bundestag ohne Fraktionszwang abzustimmen, lehnte Strobl ab.

Auch der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Marcus Weinberg (CDU), signalisierte Ablehnung. »Die Frage der Homo-Ehe ist eine hochpolitische, die wir als Union breit in CDU und CSU diskutieren müssten, wenn es Änderungsbedarf gibt«, sagte er der »Süddeutschen Zeitung« (Dienstagsausgabe). Weinberg: »Wir wollen nicht, dass ein wesentliches politisches Thema für die Union mitten in der Legislaturperiode komplett neu justiert wird.«

Indes hatte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn offen für den Vorschlag gezeigt, gleichgeschlechtliche Ehen auch in Deutschland zuzulassen. »Man sollte denken, was die katholischen Iren können, können wir auch«, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied der Tageszeitung »Die Welt« (Dienstagsausgabe).

CDU-Verband der Schwulen und Lesen macht Druck

Doch auch parteiintern wächst der Druck nach einem Wunsch der Gleichstellung. Der Bundesverband der Lesben und Schwulen in der CDU fordert eine Öffnung der Partei bei diesem Thema. »Das klare Ja in Irland ist ein Signal. In Deutschland, gerade auch in unserer Partei muss jetzt etwas passieren«, sagte Verbandschef Alexander Vogt dem Internetportal »Spiegel Online«. »Ich hoffe, Angela Merkel setzt sich endlich über die Blockierer in der CDU hinweg.«

Vogt appellierte an die Kanzlerin, rasch zu handeln. »Frau Merkel braucht nicht einmal mehr voran preschen. Sie muss nur noch auf den Zug aufspringen.« Vogt verwies darauf, dass selbst katholisch geprägte Länder wie Irland und Spanien die Ehe für Homosexuelle öffneten. Dies zeige, »wie sehr sich die gesellschaftliche Stimmung gedreht hat«.

Der Fraktionschef der LINKEN im Bundestag, Gregor Gysi, sagte der »Süddeutschen Zeitung« (Dienstagsausgabe), nach dem klaren Votum der Iren für eine Ehe von Lesben und Schwulen dürfe es in Deutschland »kein Zögern« mehr geben. »Unverzüglich müssen wir nachholen, was die Iren uns vorgemacht haben«, verlangte Gysi.

Die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, sagte der Zeitung, die Iren zeigten mit ihrem Volksentscheid, »wie rückständig Deutschland bei der Gleichstellung« sei, obwohl es nach der Schaffung der eingetragenen Lebenspartnerschaften unter Rot-Grün 2001 einen Spitzenplatz innegehabt habe. Nun müsse Deutschland anderen Staaten in Europa wie Frankreich, Großbritannien und Spanien folgen, die die Ehe längst für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet hätten.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sprach sich erneut für eine fraktionsübergreifende Initiative für die Öffnung der Ehe aus. »Dann kann jeder mit seiner subjektiven Haltung in die Abstimmung gehen. Und trotzdem kann sich die Mehrheit, die es ja in der Bevölkerung, im Bundestag und im Bundesrat für die Öffnung der Ehe gibt, endlich realisieren«, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag im ARD-»Morgenmagazin«. epd/nd

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