Der Löwe setzt zum Untergang an

Wettlauf der Planeten am Abendhimmel im Juni

  • Hans-Ulrich Keller, Stuttgart
  • Lesedauer: 4 Min.
Zwei helle Planeten beherrschen den Abendhimmel im Juni - und kommen sich immer näher. Vier Meteorströme sorgen für Sternschnuppen. Und mit der Sonnenwende naht die kürzeste Nacht des Jahres.

Der Juni bietet ein spannendes Planetenrennen am Abendhimmel. Schon in der Abenddämmerung leuchten Venus und Jupiter hoch am Westhimmel auf. Sie übertreffen mit ihrem Glanz alle anderen Sterne und Planeten. Venus verfolgt Jupiter und kommt ihm im Laufe des Monats immer näher. Es ist reizvoll, von Abend zu Abend zu verfolgen, wie der Abstand der Planeten immer kürzer wird.

Am 20. ergibt sich ein spektakulärer Anblick, wenn sich zu den beiden hellsten Planeten die Sichel des zunehmenden Mondes gesellt. Das Dreigestirn ist gegen 23 Uhr knapp über dem Westhimmel zu sehen. Ende Juni zieht Venus südlich an Jupiter vorbei. Die geringste Distanz zwischen beiden Planeten wird am 1. Juli um 16 Uhr erreicht. Dann befindet sich Venus eine knappe Vollmondbreite südlich von Jupiter. Am 6. erreicht sie mit 45 Grad ihren größten östlichen Abstand von der Sonne.

Jupiter überschreitet am 10. die Grenze vom Sternbild Krebs zum Löwen, wobei er auf Regulus zusteuert. Aus der zweiten Nachthälfte zieht sich der Riesenplanet zurück.

Als dritter heller Planet beherrscht Saturn den Nachthimmel. Mit Einbruch der Dunkelheit sieht man den Ringplaneten bereits im Südosten in einem fahlen, gelblichen Licht leuchten. Gegen Monatsende zieht er sich langsam vom Morgenhimmel zurück. Am 1. und am 29., wandert der fast volle Mond am Saturn vorbei, der sich zurzeit im Sternbild Waage aufhält.

Mars wird am 14. von der Sonne im Sternbild Stier eingeholt. Er befindet sich somit am Taghimmel und bleibt nachts unter dem Horizont verborgen. Auch Merkur entzieht sich unseren Blicken. Zwar nimmt er am 24. mit 22 Grad seinen größten westlichen Winkelvorsprung vor der Sonne ein. Doch wegen der flach zum Horizont verlaufenden morgendlichen Sonnenbahn ist er in unseren Breitengraden morgens nicht sichtbar.

Für Sternschnuppen sorgen im Juni nur schwache Meteorströme. Die Libriden werden am 8. und 9. Juni aktiv. Vom 11. bis 21. sind die Juni-Lyriden aktiv. Im letzten Junidrittel flammen die Juni-Bootiden auf, während die Corviden vom 25. Juni bis Anfang Juli zu sehen sind. Die Corviden scheinen aus dem Sternbild Rabe zu kommen.

Am 2. Juni wird um 18.19 Uhr die Vollmondphase erreicht. Der leuchtende Mond steht dann im Sternbild Schlangenträger, rund zehn Grad nördlich von dem rötlichen Antares im Sternbild Skorpion. Am 10. befindet sich unser Nachbar mit 369 710 Kilometer in Erdnähe. Neumond tritt am 16. um 16.05 Uhr ein. Mit 404 130 Kilometer hält sich der Mond am 23. abends in Erdferne auf.

Am abendlichen Sternenhimmel ist das Frühlingsdreieck, das aus Arktur im Sternbild Bootes, Regulus im Löwen und Spica in der Jungfrau besteht, in die westliche Himmelshälfte gerückt. Der mächtige Löwe setzt zu seinem Untergang an, ein Zeichen, dass der Frühling endet. Der Löwe ist Leitsternbild des Frühlingshimmels.

Am Osthimmel ist bereits das Sommerdreieck aufgegangen. Wega in der Leier, Deneb im Schwan und Atair im Adler. Wega und Arktur sind die hellsten Fixsterne des Nordhimmels. Während die heiße Wega ein bläulich-weißes Licht ausstrahlt, leuchtet der kühlere Arktur orange-rot. Er ist der Hauptstern des Sternbildes Bootes. Man findet ihn, wenn man dem Bogenschwung der Deichsel des Großen Wagens folgt. Wie ein Zeigefinger deutet die Wagendeichsel auf Arktur.

Tief im Süden erkennt man das Sternbild Skorpion. Sein tiefroter Hauptstern Antares ist so riesig, dass bequem unsere Sonne samt der Erdbahn in seinem riesigen Gasleib Platz fänden. Nördlich des Skorpions stößt man auf das aus lichtschwachen Sternen bestehende Bild des Schlangenträgers. An unserem durch Kunstlicht aufgehellten Himmel kann man es kaum erkennen. Westlich des Skorpions ist das Sternbild Waage. Nur vier seiner Sterne sind so hell, dass man sie mühelos mit bloßem Auge sieht. In der Antike sah man in den Waagesternen die Scheren des Skorpions.

Der Ursprung der Waage geht auf die Alten Ägypter zurück. Sie sahen in der Konstellation einen Jüngling, der eine Waage hält. In ihren Totenbüchern taucht der Waagemann als Symbol der Gerechtigkeit auf. Die kosmische Waage wurde vom ägyptischen Gott Anubis eingesetzt. Das Herz eines eben Verstorbenen wurde in eine Waagschale gelegt, in die andere eine Pfauenfeder, Symbol der Wahrheitsgöttin Maat. War der Verstorbene gerecht, so war das Herz leichter als die Pfauenfeder.

Die Sonne erreicht am 21. um 18.38 Uhr im Sternbild Stier an der Grenze zum Sternbild Zwillinge den Gipfel ihrer Jahresbahn. Der Sommerpunkt markiert den Anfang des Tierkreiszeichens Krebs, weshalb man vom Wendekreis des Krebses spricht. Nach Passieren des Sommerpunktes sinkt die Sonne wieder zum Himmelsäquator hinab - daher die Bezeichnung »Sonnenwende«.

Bereits am 22. wechselt die Sonne um 4 Uhr morgens aus dem Sternbild Stier in das der Zwillinge. Die Nacht vom 21. auf 22. Juni ist die kürzeste des ganzen Jahres. Sie dauert in Hamburg 6 Stunden und 58 Minuten, in Köln 7 Stunden und 28 Minuten, in München 7 Stunden und 57 Minuten und in Stuttgart 7 Stunden und 50 Minuten. dpa/nd

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