Kohle ist zu teuer

BUND und Böll-Stiftung stellen internationalen Kohleatlas vor

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Staatlich subventionierte Umweltschäden und Vertreibung - der Kohleatlas will aufräumen mit dem Mythos vom billigen Kohlestrom und Aktivisten für den G7-Gipfel Fakten an die Hand geben.

Die Folgen des Abbaus und der Verbrennung von Kohle sind für Menschen und Natur verheerend. Gleichzeitig gilt der fossile Brennstoff noch immer als billig. Gegen diesen Mythos argumentieren die grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mit ihrem am Dienstag in Berlin vorgestellten »Kohleatlas«, der zahlreiche Analysen und Studien umfasst.

Billig sei Kohle nur, weil es die Unternehmen verstanden hätten, etwa bei Umweltschäden wie Luft- und Wasserverschmutzung die Kosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen, so der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Auch die Kosten für die Gesundheit seien bislang zu wenig beleuchtet, ergänzt Ralf Fücks, Vorstand der Böll-Stiftung. Nach den Recherchen für den Kohleatlas sterben allein in der EU jährlich 18 000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung, 8500 erkranken demnach jährlich an chronischer Bronchitis, weil sie den Schadstoffen von Kohlekraftwerken ausgesetzt sind. Allein in Deutschland verursacht die Abgasbelastung durch Kohlekraftwerke Gesundheitskosten in Höhe von etwa vier Milliarden Euro pro Jahr.

Billig sei Kohle aber auch, weil sie staatlich subventioniert ist, so Fücks: »Mit über 350 Milliarden Euro wurde das Geschäft mit der Kohle hierzulande seit 1950 staatlich subventioniert.« Deutschland ist hier zwar Spitzenreiter, doch auch andere EU-Staaten subventionieren fleißig. 2012 verteilten die EU-Mitgliedstaaten demnach insgesamt 13,4 Milliarden Euro Subventionen an die fossile Industrie. Allerdings haben sich die G20-Staaten 2009 darauf verständigt, Subventionen für fossile Energieträger mittelfristig auslaufen zu lassen. Länder wie Japan oder China, aber auch Deutschland setzen auf zusätzliche Exportförderung.

Unabsehbare Kosten verursacht Kohle als Klimakiller. 43 Prozent der Emissionen aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe gehen laut Barbara Unmüßig vom Vorstand der Böll-Stiftung auf die Kohle zurück. Keine andere Energiequelle trage so sehr zum Treibhausgasausstoß bei. »Die 35 größten Produzenten von Kohle - dazu gehören Peabody Coal, RWE sowie staatseigene Konzerne in China, Russland und Indien - sind allein für ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen seit 1988 verantwortlich«, so Unmüßig. Sie fordert deshalb »klare Regeln für die Senkung des CO2-Ausstoßes«.

Mit einem jährlichen Ausstoß von weltweit rund 15 Milliarden Tonnen CO2 trage zudem keine andere Energiequelle so stark zur Erderwärmung bei, ergänzt Weiger. »Soll der Klimawandel einigermaßen beherrschbar bleiben, darf davon nur noch ein Bruchteil verbrannt werden.«

Auch untersucht wurden die Verletzung von Menschenrechten durch Vertreibung oder unwürdige Arbeitsbedingungen, die laut Unmüßig zu 28 Prozent auf das Konto von Bergbauunternehmen und Erdöl wie Erdgaskonzernen gehen.

Der Kohleatlas will gleichzeitig Alternativen aufzeigen, denn auch sozialpolitisch sei der Kohleausstieg eine Herausforderung. »Wir brauchen eine langfristige Transformationsstrategie«, erklärte Fücks. Diese politische Aufgabe müsse in allen Kohleregionen übernommen werden, um den Ausstieg nicht gegen die Menschen zu gestalten, die momentan von der Kohleförderung leben. Denn, so ist er sich sicher: »Die Energie von morgen kommt aus erneuerbaren Quellen, aus emissionsfreien Kraftwerken mit Brennstoffkosten nahe Null.«

Mit Blick auf den G7-Gipfel forderte Weiger die Bundesregierung auf, endlich die Abkehr von der Kohleverstromung zu unterstützen. »Lippenbekenntnisse bringen wenig.« Ein Viertel der globalen CO2-Emissionen gehe schließlich auf das Konto der G7.

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