Linkspartei: Besser wird's nur ohne Merkel

Parteitag in Bielefeld beschließt Leitantrag: »Wahlen 2016 können die politischen Kräfteverhältnisse nachhaltig verändern« / Kritik vor allem an der SPD: formuliert keine sozialen Alternativen zur neoliberalen Politik

  • Aert van Riel und Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 4 Min.

Bielefeld. Die Linkspartei will mit einem »Signal für einen linken Politikwechsel« in die kommenden Wahlkämpfe gehen. Die Delegierten des Bundesparteitags in Bielefeld stimmten am Samstagnachmittag mit großer Mehrheit für einen Leitantrag unter der Überschrift »Für Solidarität, Frieden und Gerechtigkeit«. Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn, der das Papier im Namen der Linken-Spitze eingebracht hatte, sprach von einem »klaren Zeichen« für einen Politikwechsel in Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Dort will die Linkspartei 2016 »die schwarz-roten Koalitionen ablösen. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wollen wir in die Landtage einziehen, um dort endlich auch in den Parlamenten Druck von links zu machen«. Höhn sprach von wichtigen Schritten »auf dem Weg, Merkels Politik spätestens 2017 zu beenden«.

Die Linke will durch Erfolge bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr auch ihren Einfluss auf die Bundespolitik erhöhen. Wenn es 2016 in weiteren ostdeutschen Ländern gelinge, die CDU aus der Regierung zu drängen, könne der Bundesrat eine »Vetomacht« gegen den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erhalten, heißt es im Leitantrag. Mit einer Regierungsbeteiligung in den Ländern gewänne die Linke Spielraum »für eine Politik gegen die große Koalition«. »Die Wahlen 2016 können die politischen Kräfteverhältnisse nachhaltig verändern«, heiß es in dem Leitantrag. Damit würden auch die Grundlagen für die Bundestagswahl 2017 gelegt. »Die Linke ist die Alternative zur Großen Koalition«, heißt es weiter.

Vorausgegangen war eine Debatte über zahlreiche Änderungsanträge. Initiativen vom als links bezeichneten Flügel der Linkspartei, sich schärfer von SPD und Grünen abzusetzen, wurden größtenteils abgewiesen. Der Leitantrag hält sich mit Kritik vor allem an den Sozialdemokraten allerdings auch nicht zurück. Die SPD verfolge etwa mit der Politik der »schwarzen Null« einen Kurs, bei dem sie »ihre klassische Klientel einmal mehr im Stich« und entferne sich »immer weiter von sozialdemokratischen Werten«. Auch habe die Partei unter Sigmar Gabriel Wahlversprechen wie die stärkere Besteuerung von Vermögenden ignoriert. »Immer mehr Menschen fragen sich, wofür die Sozialdemokratie noch gebraucht wird, wenn sie keine sozialen Alternativen zur neoliberalen Politik formuliert«, heißt es in dem Papier.

In der Debatte hatten sich zuvor die Linken-Vorsitzende Katja Kipping erklärt, »ja, wir wollen die Machtfrage stellen. Aber wir wollen sie wirklich stellen. Und das heißt, wir wollen sie anhand von inhaltlichen Kriterien stellen.« Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht sagte mit Blick auf Gabriel, es falle »wirklich schwer«, in diesem einen Partner für einen Politikwechsel zu sehen. Es sei zwar richtig, aus einer Regierung heraus mehr verändern zu wollen, aber nur wenn man dazu auch Partner hätte. »Das wenn ist entscheidend«, so die Fraktionsvize – mit den Sozialdemokraten könne die Linken derzeit nicht koalieren.

Ihr Parlamentskollege Dietmar Bartsch sagte, die Linke habe »allen Grund selbstbewusst in die nächsten Wahlen zu gehen«. Er verwies dazu auf die Erfolge der rot-rot-grünen Landesregierung in Thüringen. Deren Ministerpräsident Bodo Ramelow machte klar, dass »Regieren kein Selbstzweck« sei, schloss dem aber an: »Nicht regieren sollte auch kein Selbstzweck sein.« Mit Blick auf die ersten Monate im Amt und die Änderungen etwa in der Flüchtlingspolitik, bei der Energiewende und der Rückgewinnung des Öffentlichen erklärte Ramelow, »es ist nicht egl, ob ein Linker regiert.«

Auch Höhn hatte bereits zum Auftakt der Beratungen über den Leitantrag für mehr Selbstbewusstsein plädiert. »Ich möchte, dass wir lauter über unsere Erfolge in den Gemeinden und Städten reden.« Er forderte die Partei zugleich auf, die Bedürfnisse und Interessen der Wähler nicht aus den Augen zu verlieren. »Die Menschen müssen verstehen können worum es uns geht. Unsere Konzepte müssen umsetzbar sein«, sagte Höhn. Die Linkspartei wolle »Reichtum umverteilen und in die Zukunft investieren. Wir lehnen TTIP ab und wollen Bürgerrechte ausbauen«, so Höhn: »Das gibt es alles nur ohne Angela Merkel.«

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