Nach der Schlichtung: ver.di verhandelt

In Kitas, Werkstätten und Sozialeinrichtungen vorerst keine Streiks / Kritische Diskussion auf Delegiertenkonferenz

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Es war spannend bis zum Ende. In einer stundenlangen emotionalen Diskussion setzten sich rund 330 ver.di-Delegierte über die Annahme des Schlichtungsergebnisses auseinander.

Nach der Schlichtung hatten die Streikenden das Wort. In Frankfurt am Main trafen sich am Mittwoch rund 330 Beschäftigte dem kommunalen Sozial- und Erziehungsdienstes; darunter KitaerzieherInnen, SozialarbeiterInnen, Beschäftigte von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen oder aus Jugend- und Sozialeinrichtungen. Auf der Konferenz berieten die Delegierten aus dem ganzen Bundesgebiet über das Schlichtungsergebnis vom Dienstag. Der Tarifkonflikt ist nicht vorbei, aber zunächst wird verhandelt. Neue Streiks besonders in den kommunalen Kitas stehen damit erst einmal nicht an.

Die Beratungen in Frankfurt zogen sich bis zum frühen Abend hin. Erste Anzeichen dafür, dass es keine einfache Diskussion auf der Konferenz werden würde, war, dass ein für den frühen Nachmittag angekündigtes Pressestatement von ver.di-Chef Frank Bsirske zunächst um zwei Stunden verschoben wurde. Es war eine lebhafte und lebendige Diskussion», sagte ver.di-Sprecher Christoph Schmitz gegenüber «nd». Die Arbeitgeber hätten «gemauert bis in die Schlichtung hinein». Darum habe sich die Kritik der Streikdelegierten nicht nur gegen den Schlichterspruch, sondern auch gegen die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber gerichtet. Es gebe zwar Verbesserungen, aber beispielsweise im sozialpädagogischen Dienst oder bei den SozialarbeiterInnen sei von der geforderten Aufwertung noch nichts zu sehen. In den Verhandlungen wolle man deshalb auf weitere Verbesserungen und zwar «in allen Bereichen» pochen, so Christoph Schmitz weiter.

Wie schon bei der zweiten Konferenz am gleichen Ort vor drei Wochen musste sich Bsirske als Verhandlungsführer Kritik der Beschäftigten anhören. Damals war auf Unverständnis gestoßen, dass die Gewerkschaften den Streik ausgesetzt hatten, weil die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) die Schlichtung angerufen hatte - ohne dass man ein substanzielles Angebot auf dem Tisch hatte. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Deutsche Beamtenbund (dbb) und ver.di waren mit einer Forderung nach Aufwertung aller Berufsgruppen in die Verhandlungen für die insgesamt rund 240 000 Beschäftigten gezogen, die eine Lohnsteigerung von insgesamt zehn Prozent bedeutet hätte.

Die Empfehlung der Schlichter sieht Lohnsteigerungen zwischen zwei und 4,5 Prozent je nach Berufsgruppe vor. In einer ersten Einschätzung hatte ver.di am Dienstag das Schlichtungsergebnis nach 2009 als einen «weiteren wichtigen Schritt in die richtige Richtung» bezeichnet. Vor sechs Jahren gab es zuletzt einen ähnlich harten Tarifkonflikt in dem Bereich. «

»Die generelle und überfällige Aufwertung des gesamten Berufsfeldes ist noch nicht erreicht und bleibt für uns weiter ein zentrales gesellschaftliches und tarifpolitisches Ziel«, hieß es weiter in dem ver.di-Papier vom Dienstag. Der dbb empfahl seinen Mitgliedern die Annahme des Schlichterspruches. Der »größte Teil der Betroffenen in allen Bereichen des Sozial- und Erziehungsdienstes profitiere«, sagte Verhandlungsführer Andreas Hemsing. Die GEW sah es ähnlich wie ver.di. Die Dienstleistungsgewerkschaft hat im Sozial- und Erziehungsdienst auch für deren Mitglieder das Verhandlungsmandat.

Wie geplant werden nun die Tarifverhandlungen zwischen den Gewerkschaften und der VKA weitergehen. Wenn es ein Ergebnis gibt, soll die Bundestarifkommission von ver.di darüber befinden, mit der Empfehlung über einen möglichen Tarifabschluss eine »aufsuchende Mitgliederbefragung« durchzuführen. Dabei werden die Beschäftigten direkt an ihren Arbeitsorten nach ihrer Meinung gefragt.

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