Weil sich etwas ändern muss

Rot-Rot-Grün ist nicht nur in Sachsen-Anhalt verbaut. Wir müssen reden: zum Linkskongress von Linksjugend, Jusos und Grüne Jugend

  • Lukas Wanke
  • Lesedauer: 3 Min.

Sachsen-Anhalt ist kein Einzelfall, doch wird es hier besonders deutlich: Trotz einer rechnerischen parlamentarischen Mehrheit der Linken, Grünen und Sozialdemokraten herrscht seit einer gefühlten Ewigkeit die »Große Koalition«, die inzwischen ein Bündnis der großen CDU mit einer kleinen SPD ist. Während die sozialdemokratische Basis und viele Landtagsabgeordnete laut eigener Aussage eigentlich alles besser machen wollen, beugen sie sich am Ende dem Koalitionszwang. Gegen eine rechnerische rot-rot-grüne Mehrheit wird ein Sparprogramm nach dem anderen durchgewunken und die Appelle an die roten Regierenden, doch bitte einmal an das eigene Programm zu denken, haben nur noch den Charakter eines ermüdenden Rituals.

Die neue Spitzenkandidatin der SPD verspricht den Murrenden in den eigenen Reihen zwar, dass nach der Landtagswahl 2016 wirklich alles besser würde, bezieht aber keine Stellung für eine Linkskoalition. Vielmehr möchte die SPD trotz erbärmlicher Umfragewerte 2016 stärkste Kraft werden und erst nach der zu erwartenden Niederlage die Optionen durchgehen, was eine GroKo bis 2021 erahnen lässt. Das heißt, auch in den nächsten Jahren werden SPD-Mitglieder, Jusos, Grüne, Linke und Betroffene wieder gegen die Schließung von Schulen, Hochschulen und Theatern und gegen autoritäre Politik im Allgemeinen demonstrieren. In diesen nächsten Jahren wird auch der Effekt der Proteste wie immer kaum messbar sein, die SPD-Landtagsabgeordneten werden sich schließlich dem Koalitionszwang beugen müssen.

Links.Kongress15

Welche Grenzen und Möglichkeiten gibt es für „linkes“ Regieren? Diese und andere Fragen werden am 11. Juli 2015 auf einem Kongress in Halle an der Saale parteiübergreifend in den Blick genommen. Veranstalter bzw. Träger der Tagung sind die örtlichen Hochschulgruppen SDS.Die Linke MLU, Juso-Hochschulgruppe und Grüne Hochschulgruppe, die örtlichen politischen Jugendverbände Jusos Halle (Saale), Linksjugend solid Halle und GRÜNE JUGEND Halle (Saale) sowie deren Landesverbände Jusos Sachsen-Anhalt, Linksjugend [‚solid] Sachsen-Anhalt und Grüne Jugend Sachsen-Anhalt.

Alle Infos: www.linkskongress-halle.de

… und (fast) überall

Dabei sieht es in anderen Bundesländern und auf Bundesebene nicht besser aus, eine programmatisch linke Mehrheit führt unter dem Strich doch zu konservativer Politik, während im Europäischen Parlament die Konservativen und Sozialdemokraten fast zusammengewachsen scheinen. Deshalb ist es umso bemerkenswerter, dass ein kleines, unbedeutendes Bundesland wie Thüringen nun eine Premiere zu bieten hat: Seit Dezember 2014 herrscht dort der Sozialismus in Form des Reformers Bodo Ramelow mit seiner Koalition. Einige linke Wünsche wurden zwar erfüllt, aber das Leben im kapitalistischen Normalvollzug läuft natürlich weiter wie bisher, auch wenn die konservativen Reaktionen auf die Koalition kreativste Untergangsphantasien beinhalteten. Tatsächlich zeigen die wenigen rot-rot(-grünen) Experimente, dass damit oft wenig gewonnen ist, Hochschulkürzungen und Braunkohleabbau in Brandenburg gesellen sich zur Gentrifizierungs-Welle in Berlin. Beide Ergebnisse fanden die Zustimmung rot-roter Koalitionen, während die Grünen eigene Wege gehen und sich mit der rechts-außen CDU in Hessen anfreunden.

Deshalb: Linkskongress 2015!

Dieses scheinbare Bild der Verzweiflung wollen Linksjugend, Jusos und Grüne Jugend nicht länger als einzige Aussicht hinnehmen! Selbsternannte große Koalitionen müssen auf den Müllhaufen der Geschichte und Verbesserungen für Alle erkämpft werden. Ob Rot-Rot-Grüne Bündnisse dazu taugen, wie sie zu errichten wären und ob das parlamentarische System in der jetzigen Form überhaupt zu irgendetwas zu gebrauchen ist, wollen wir auf dem Linkskongress klären. Wir betrachten dabei auch die einzelnen Ebenen: Liegt die Macht allein beim Bund und das Dorf kann ruhig unter CDU-SPD (-Grüne) Koalitionen dahinschmoren oder gibt es bereits auf kommunaler Ebene Möglichkeiten für linke Politik und emanzipatorische Freiräume? Sind die genannten Parteien nicht eigentlich schon tot?

Her mit dem ganzen Leben!

Weil sich etwas ändern muss, stellen sich diese Fragen. Der Linkskongress ist ein linkes Projekt, welches theoretische Konzepte mit praktischen Perspektiven verbinden möchte und einen Ansatz zur Überwindung linker Untätigkeit bietet. Dabei sind wir völlig offen und freuen uns auch über nicht-parteipolitisch organisierte Besucher.

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