Calais: Abschieben statt Helfen

Etwa 150 Geflüchtete versuchten von Frankreich durch den Tunnel nach Großbritannien zu gelangen

  • Lesedauer: 2 Min.
Trotz der gestrigen Katastrophe versuchen weiterhin hunderte Flüchtlinge durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen, nicht selten riskieren sie dabei ihr Leben. Neun Menschen verstarben seit Anfang Juni.

Update 10.10 Uhr: Cameron will keinen »sicheren Hafen« bieten
Großbritannien will angesichts der chaotischen Lage in Calais härter gegen eingewanderte Flüchtlinge vorgehen. Man werde sie ausweisen, »damit Leute wissen, dass dies kein sicherer Hafen ist«, sagte Premierminister David Cameron am Donnerstag in Vietnam. Schon jetzt würden Gesetze verabschiedet, die das Bleiben erschwerten. Es müsse aber noch mehr geschehen. In der Nacht zum Donnerstag hatten erneut Flüchtlinge versucht, durch den Tunnel unter dem Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien zu gelangen.

Erneut versuchen 150 Menschen durch den Tunnel nach Großbrittanien zu gelangen

Calais. Rund um den Eurotunnel haben in der Nacht zum Donnerstag wieder zahlreiche Flüchtlinge versucht, von Frankreich nach Großbritannien zu gelangen. Etwa hundert bis 150 Flüchtlinge versuchten an der französischen Polizei und anderen Ordnungskräften vorbeizukommen, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Flüchtlinge blockierten etwa eine Stunde lang einen der Eurotunnel-Ausgänge. Die Betreiber des Tunnels unter dem Ärmelkanal teilten über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, dass es bei den Passagen vom englischen Folkestone aus etwa zwei Stunden Verspätung gebe.

Nach Angaben des französischen Innenministeriums hatte es in der Nacht zu Mittwoch die Rekordzahl von 2300 Versuchen von Flüchtlingen gegeben, in den Tunnel einzudringen und nach Großbritannien zu gelangen. Seit Wochen versuchen immer wieder hunderte Flüchtlinge nachts zum Eurotunnel vorzudringen, um an Bord von Güterzügen nach Großbritannien zu gelangen.

In den vergangenen Nächten gab es dem französischen Innenministerium zufolge 2000 Versuche oder mehr. Die Zahl der Flüchtlinge liegt deutlich niedriger: Sie versuchen in einer Nacht häufig mehrfach, auf das Gelände zu gelangen. Eurotunnel hat die Zahl der privaten Sicherheitsleute auf knapp 200 erhöht, in dem Gebiet sind außerdem 300 Polizisten im Einsatz.

Die Fluchtversuche enden für einige Geflüchtete tödlich: Am Mittwochmorgen wurde in der Nähe des Tunnels der Leichnam eines Flüchtlings aus dem Sudan entdeckt. Der zwischen 25 und 30 Jahre alte Mann wurde nach Worten eines Polizisten offenbar von einem Lastwagen überfahren, als er auf einen Zug steigen wollte, von dem der Lkw gerade herunterfuhr. Es war der neunte Flüchtling seit Anfang Juni, der auf der französischen Seite des Ärmelkanals bei einem Unfall starb.

Am Mittwoch erlitt überdies ein Ägypter auf der Pariser Gare du Nord einen lebensgefährlichen Stromschlag, der von der französischen Hauptstadt aus den Eurotunnel hatte erreichen wollen. Der Mann kam ins Krankenhaus und schwebte in Lebensgefahr. AFP/nd

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