Brandanschlag auf Antifaschisten in Jamel

Gysi: Staat muss Opfer rechter Gewalt schützen / Lohmeyer: Kein Zweifel an rechtsextremistischen Anschlagshintergrund / Familie soll Ende des Monats den Georg-Leber-Preis für Zivilccourage erhalten

  • Lesedauer: 4 Min.

Update 14.00 Uhr: Polizei geht von Brandstiftung aus
Inzwischen hat sich auch das zuständige Polizeipräsidium Rostock mit einer Mitteilung an die Öffentlichkeit gewandt. Darin heißt es: »Die Polizei geht derzeit von Brandstiftung als Brandursache aus. Im Rahmen der entsprechenden Ermittlungen wurde der Kriminaldauerdienst
der Polizeiinspektion Wismar für die Spurensicherung eingesetzt. «

Update 13.30 Uhr: Gysi solidarisiert sich mit den Lohmeyers
Linksfraktionschef Gregor Gysi äußerte sich schockiert, über den mutmaßlichen Brandanschlag auf das Ehepaar Lohmeyer. »Ich war im September 2011 in dem damals 37-Seelen-Dorf und habe auch mit den Lohmeyers über ihr Engagement für Toleranz gesprochen. Für ihre jahrelange Zivilcourage empfinde ich allergrößte Hochachtung, weil sie das von Rechtsextremen zur «national befreiten Zone» erklärte Jamel nicht den Nazis wehrlos überlassen haben und dies bis heute nicht tun«, erklärt Gysi in einem Statment auf seiner Facebook-Seite.

Der Staat haben nun die wichtige Aufgabe, »Menschen wie Birgit und Horst Lohmeyer - die stellvertretend stehen für all diejenigen, die bundesweit der rechten Gewalt die Stirn bieten - vor Angriffen zu schützen.«

Die Gesellschaft sei nicht wehrlos gegen rechten Terror, so Gysi, müsse sich aber auch wirklich wehren wollen. »Heute brennen Unterkünfte für Flüchtlinge und Häuser engagierter Bürgerinnen und Bürger. Vor 70 Jahren hat dieser braune Wahnsinn einen ganzen Kontinent in Schutt und Asche gelegt. Wir sind verpflichtet, nichts in dieser Richtung mehr zuzulassen.«

Update 12.45 Uhr: Festival gegen Rechts findet trotz Brandanschlag statt
Zu der womöglich von rechtsradikalen begangenen Brandstiftung auf dem Anwesen des für ihr Engagement gegen Neonazis bekannten und mehrfach ausgezeichneten Ehepaars Birgit und Hans Lohmeyer in Jamel bei Wismar erklärte am Donnerstag Andreas Katz, Landesvorsitzender von Bündnis 90/ Die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern: »Wir sind schockiert, aber auch erleichtert, dass keine Menschen bei dem Brand verletzt wurden.« Bislang wisse man »nicht mit Sicherheit, ob es sich um einen politisch motivierten Brandanschlag handelte«. Die »zeitliche Nähe zur jüngsten Verleihung des Georg-Leber-Preises für Zivilcourage« und dem Rockfestival »Jamel rockt den Förster«, das am 28. und 29. August geplant ist, sei jedoch auffällig. »Bestätigt sich diese Vermutung, wäre dies ein weiterer Beleg für zunehmenden Terror der Neonazis gegen Andersdenkende«, so Katz.

Das Festival, das unter der Schirmherrschaft der Schweriner Landtagspräsidentin Sylvia Brettschneider (SPD) steht, fand 2007 zum ersten Mal statt und ist seither erheblich gewachsen. Mit der »Terrorgruppe« wurde für dieses Jahr eine zugkräftige linksorientierte Punkband verpflichtet. Etwa aus Kiel soll ein Reisebus BesucherInnen nach Jamel bringen. Über etwaige Auswirkungen auf das Festival war am Donnerstagmorgen seitens der Veranstalter offiziell noch nichts bekannt. Katz rief aber »alle Bürgerinnen und Bürger wieder dazu auf, das Rockfestival der Familie Lohmeyer in Jamel zu besuchen«. Das Festival werde stattfinden, »jetzt erst recht«, erklärte der Grünen-Landeschef. nd

Update 12.11 Uhr: Horst Lohmeyer zweifelt nicht an rechtsextremistischen Anschlagshintergrund
Nach dem mutmaßlichen Brandanschlag auf seine Scheune im nordwestmecklenburgischen Jamel hat der Besitzer Horst Lohmeyer keinen Zweifel an einem rechtsextremistischen Hintergrund des Anschlags. »Wir gehen davon aus, dass es sich um eine direkte Reaktion auf die kürzlich bekanntgegebene Verleihung des Georg-Leber-Preises für Zivilcourage an uns handelt«, so Lohmeyer gegenüber der »Süddeutschen Zeitung«.

In der Nacht zum Donnerstag im im nordwestmecklenburgischen Jamel auf dem Hof des für sein antifaschistisches Engagement bekannten Künstlerpaares Horst und Birgit Lohmeyer Feuer gelegt worden. Eine Scheune wurde durch den Brand komplett zerstört. Die Polizei geht davon aus, dass Unbekannte den Brand in der Nacht zum Donnerstag gelegt haben, teilte eine Sprecherin in Rostock mit. Die Bewohner des Hofes vermuten dahinter einen Brandanschlag mit rechtsradikalem Hintergrund.

Das Ehepaar setzt sich seit Jahren für Demokratie und Toleranz ein. Das in dem weitgehend von Neonazis dominierten Dorf Jamel lebende Künstlerehepaar bekommt den mit 10.000 Euro dotierten Georg-Leber-Preis für Zivilcourage der IG BAU. In dem Dorf machen seit Jahren zahlreiche Neonazis Front gegen die Familie. Schon früher habe es nach Auszeichnungen verstärkt Drohungen gegeben, wird das Ehepaar vom NDR zitiert. Nun würde aber ihr Leben bedroht. Nur durch Glück hätten die Flammen nicht auf das wenige Meter entfernte Wohnhaus übergegriffen. Ein Gast der Familie habe kurz vor dem Feuer eine unbekannte Person auf dem Hof bemerkt.

Direkte Hinweise auf einen politischen Hintergrund gebe es jedoch bislang nicht, erklärte hingegen die Polizei. Bei dem Brand wurde niemand verletzt. Das 240 Quadratmeter große Gebäude war zur Brandzeit leer. Die Höhe des Sachschadens war am Donnerstagmorgen noch unbekannt. Agenturen/nd

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