CSU-Herrmann wettert gegen Flüchtlinge

Geplante Flüchtlingsunterkunft in Meißen offenbar erneut attackiert / Bayerns Innenminister nennt Taschengeld für Asylsuchende vom Balkan eine »Zumutung« / Kritik von Grünen-Politikerin Brandtner / Flüchtlinge protestieren vor Bundesamt für Migration

  • Lesedauer: 7 Min.

Update 16.00 Uhr: Flüchtlingsheim in Meißen offenbar erneut attackiert
Eine künftige Asylunterkunft im sächsischen Meißen ist offenbar erneut angegriffen worden. Medienberichten zufolge haben Unbekannte am Wochenende versucht, das Gebäude unter Wasser zu setzen. Wie ein Dresdner Polizeisprecher am Montag bestätigte, hat das für Extremismus zuständige Operative Abwehrzentrum Ermittlungen übernommen. Nähere Angaben konnten aber zunächst nicht gemacht werden.

Ende Juni war in dem Gebäude ein Feuer gelegt worden. In dem frisch sanierten Haus sollten Wohnungen für etwa 35 Asylbewerber entstehen. Durch den Brand war das Gebäude stark beschädigt worden, bislang konnten dort noch keine Flüchtlinge einziehen.

Update 11.20 Uhr: Nach Schüssen auf Flüchtlingsheim in Böhlen weiter kein Hinweis zu Tätern
Im Fall der Schüsse auf ein Flüchtlingsheim in Böhlen bei Leipzig ist die Polizei noch nicht entscheidend vorangekommen. »Wir haben noch immer keine heiße Spur zu den Tätern«, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Leipzig am Montag. Es gebe kein Bekennerschreiben, somit auch keinen Hinweis zum Motiv. Am 11. und 12. Juli hatten Unbekannte das Flüchtlingsheim beschossen. Teile der Glasfassade gingen zu Bruch. Verletzt wurde niemand. Die Unterkunft für Flüchtlinge befindet sich in einem ehemaligen Hotel. Der Besitzer bezifferte den Schaden auf mindestens 10 000 Euro. In dem Gebäude sind rund 150 Asylsuchende untergebracht, unter anderem aus Syrien, Pakistan und Albanien. Seit den Schüssen gab es laut Staatsanwaltschaft keine weiteren Angriffe auf das Heim.

Update 10.20 Uhr: Müller verlangt EU-Notprogramm für syrische Flüchtlinge
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller fordert ein EU-Notprogramm für die Nachbarstaaten Syriens. Der CSU-Politiker sagte der Zeitung »Die Welt« (Montagsausgabe), dafür solle die Europäische Union zehn Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Das Geld müsse den Ländern zugutekommen, die die meisten syrischen Flüchtlinge aufgenommen hätten. Müller sagte wörtlich: »Wenn wir die Probleme nicht vor Ort lösen, kommen die Probleme zu uns.«

In Syrien herrscht seit 2011 Bürgerkrieg, mehr als vier Millionen Menschen haben das Land verlassen. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR suchten 1,8 Millionen Syrer Zuflucht in der Türkei und mehr als eine Million im Libanon. Mehr als 600.000 Syrer gingen nach Jordanien.

Update 10.00 Uhr: Städte- und Gemeindebund für Prüfung von Geldzahlung an Flüchtlinge
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hat die Überlegungen zur Einschränkung von Bargeldleistungen für Asylbewerber als grundsätzlich richtig bezeichnet, aber vor übertriebenen Erwartungen an einen solchen Schritt gewarnt. »Ein kleiner Baustein ist es schon«, sagte der DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg am Montag im ZDF-»Morgenmagazin«. Eine solche Maßnahme allein werde aber nicht zu einem starken Rückgang der Flüchtlingszahlen aus den Ländern des Westbalkans führen.

»Ich halte das für richtig«, sagte Landsberg. »Das ist nicht das Entscheidende, aber es ist ein wichtiger Baustein.« Es sei »politisch richtig«, darüber zu diskutieren, wo »falsche Anreize« gesetzt würden.

Landsberg erneuerte seine Forderung nach einem umfassenden Ansatz. Nötig seien ein »Marshall-Plan« für die Region sowie verstärkte Informationskampagnen vor Ort, um die von Fluchthelfern verbreiteten irreführenden Erwartungen hinsichtlich des deutschen Asylrechts zu kontern. Es sei eben gerade nicht so, dass jeder, der in Deutschland Asyl beantrage, hier eine Arbeitserlaubnis bekomme.

Auch Wiedereinreiseverbote müssten her, um »Drehtüreffekte« zu verhindern. In diesem Bündel könne dann außerdem das sogenannte Taschengeld überdacht werden. »Es ist ein kleiner Baustein in einem umfangreichen Maßnahmenpaket.«

Update 9.35 Uhr: Flüchtlinge geschlagen - Prozess nach Übergriffen in Essener Heim
Nach den Skandalen um die Misshandlungen von Asylbewerbern in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsheimen kommt es in Essen zu einem ersten größeren Strafprozess. Vor dem Amtsgericht müssen sich von Donnerstag an fünf Männer wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung verantworten. Sie waren als Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes in einem Übergangswohnheim in Essen eingesetzt.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, im September vergangenen Jahres Flüchtlinge getreten und geschlagen zu haben, als diese außerhalb der Öffnungszeiten der Kantine nach Essen und Getränken gefragt hatten und sich über die Behandlung beschweren wollten. Die Fälle waren bekanntgeworden, nachdem die schweren Übergriffe auf Flüchtlinge in einer Notunterkunft in Burbach im Siegerland für Schlagzeilen gesorgt hatten. Beide Heime waren damals von der Firma European Homecare betrieben worden. Den Sicherheitsdienst hatte European Homecare jeweils an externe Dienstleister vergeben.

Wann der Fall Burbach vor Gericht kommt, ist noch nicht abzusehen. »Die außerordentlich umfangreichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Siegen sind noch nicht abgeschlossen«, sagte Staatsanwalt Johannes Daheim. Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen mehr als 50 Beschuldigte. Ermittelt wird wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Nötigung.

Update 9.20 Uhr: Flüchtlinge planen Protestkundgebung vor Bundesamt für Migration
Mit einer Protestkundgebung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg wollen Asylbewerber am Montag (11.00 Uhr) auf ihre Lage aufmerksam machen. Nach Angaben des Bayerischen Flüchtlingsrat halten sich viele der Kundgebungsteilnehmer schon seit mehreren Jahren in Deutschland auf. Die ständige Angst vor der Abschiebung habe einige von ihnen krank gemacht, sie litten unter Schlaflosigkeit und Depressionen.

Es müsse daher endlich Schluss sein mit der langen Bearbeitungszeit ihrer Anträge. Zudem sollten sie endlich ihre Verwandten in anderen Bundes- oder EU-Ländern besuchen können, heißt es in einem vom Flüchtlingsrat veröffentlichten Forderungskatalog. Auch für uneingeschränkte Arbeitssuche und ein Ende der Lagerunterbringung setzen sich die Asylbewerber ein.

CSU-Herrmann wettert gegen Flüchtlinge

Berlin. Die verbale Mobilmachung gegen Flüchtlinge aus den Balkanstaaten durch Politiker aus den Regierungsparteien geht weiter. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat nun gefordert, das Taschengeld für diese Gruppe von Asylsuchenden drastisch zu kürzen. »Die Zuwendungen für diese Gruppe sind eine Zumutung für die deutschen Steuerzahler«, wird Herrmann von »Die Welt« zitiert. Er nannte die Zahlungen ein Anreiz für viele Menschen vom Balkan, »nach Deutschland zu kommen und das Geld mit nach Hause zu nehmen«.

Bisher bekommen Flüchtlinge in den Erstaufnahme-Einrichtungen ein Taschengeld von 143 Euro im Monat. Erwachsene Asylbewerber haben in Deutschland derzeit je nach Lebenssituation einen Anspruch auf Leistungen zwischen 287 und 359 Euro pro Monat. Der Betrag setzt sich aus Grundleistungen für den »notwendigen Bedarf« und einer Bargeldkomponente zusammen.

Kritik an der Stimmungsmache gegen Asylsuchende vom Balkan kam von der Grünen-Politikerin Franziska Brantner. »Warum verlassen diese Menschen ihre Herkunftsländer? Warum gehen die massenhaft aus dem Kosovo weg? Weil es dort nicht tragbare Zustände gibt«, sagte sie im Deutschlandfunk.

Die gesetzlichen Leistungen werden derzeit immer wieder in Frage gestellt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte gefordert, Unterstützung wieder häufiger in Form von Sachleistungen zu gewähren. Herrmann forderte aber auch generell, die Leistungen »für alle Asylbewerber« sollten überprüft werden. »Wir müssen uns fragen, ob sich der deutsche Sozialstaat die jetzige Großzügigkeit noch leisten kann«, so der CSU-Mann – mit Parolen wie »Wir sind nicht das Sozialamt der Welt« hatten früher bereits Rechtsparteien wie die NPD und die AfD Stimmung gegen Flüchtlinge gemacht.

Herrmann plädierte wie de Maizière dafür, dass Sachleistungen Vorrang vor Geldleistungen haben. »Echte« Flüchtlinge wollten nur in Sicherheit leben, eine Unterkunft haben, täglich verpflegt werden und etwas zum Anziehen haben, so der CSU-Politiker. Auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet forderte, dass Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen nur noch Sachleistungen statt Geld erhalten sollen. »Sobald Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive aber in die Kommunen überstellt werden, sollten sie Geldleistungen bekommen«, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Chef der in Hagen erscheinenden »Westfalenpost«. Agenturen/nd

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