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Zug aus Ungarn mit Flüchtlingen in München angekommen

Frankreichs Regierungschef mit EU-Kommissaren bei Calais-Flüchtlingen / EU-Sondertreffen zu Füchtlingskrise am 14. September / Linke-Fraktion beschließt Handlungskonzept zu Asyl

  • Lesedauer: 11 Min.

Update 19.30 Uhr: Zug aus Ungarn mit Flüchtlingen in München angekommen
Ein Zug aus der ungarischen Hauptstadt Budapest mit rund 200 Flüchtlingen ist am Montagabend in München angekommen. Die Polizei nahm die Menschen - darunter viele Frauen und Kinder - in Empfang und führte sie zur Registrierung in eine Nebenhalle. Passanten verteilten spontan Wasserflaschen und Süßigkeiten an die Neuankömmlinge.

In Rosenheim hatte die Bundespolizei den Zug zuvor gestoppt und 190 Flüchtlinge zur Registrierung in eine ehemalige Bundeswehrkaserne gebracht. Etwa 200 weitere reisten nach München weiter. Eine Familie mit fünf kleinen Kindern aus Afghanistan berichtete, sie sei vor drei Monaten in ihrer Heimat aufgebrochen. Ein 25-Jähriger aus Pakistan sagte, zusammen mit Freunden sei er vor den Taliban aus Pakistan geflohen.

Durch den überraschenden Abzug der Polizei von Budapests großen Bahnhöfen hatten die Migranten mehrere Züge nach Österreich und Deutschland besteigen können.

Update 19.00 Uhr: BA-Chef will Besetzung freier Stellen mit Flüchtlingen erleichtern
Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, hat sich dafür ausgesprochen, die Besetzung freier Stellen mit Flüchtlingen zu erleichtern. Weise schlug in der «Stuttgarter Zeitung» vom Dienstag vor, die sogenannte Vorrangprüfung vorübergehend auszusetzen. Sie stelle eine unnötige Hürde für den Einstieg von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt dar.

Bei einer Vorrangprüfung muss die Arbeitsagentur bei der Besetzung einer freien Stelle in den ersten 15 Monaten bescheinigen, dass es keinen geeigneten deutschen Bewerber für den Posten gab. «Es kommt bei uns so gut wie nicht vor, dass ein Arbeitsloser die gesuchte oder eine höherwertige Qualifikation hat, für die der Arbeitgeber bei uns einen Antrag stellt», sagte Weise. Solange die gute Lage am Arbeitsmarkt anhalte, solle jeder, der arbeiten wolle, sofort die Gelegenheit dazu bekommen.

Update 16.20 Uhr: Österreichische Polizei stoppt Züge aus Budapest mit Flüchtlingen
Wegen erhöhten Flüchtlingsandrangs ist ein Schnellzug aus Budapest auf dem Weg nach Wien an der Grenze gestoppt worden. Österreichische Beamte seien in Hegyeshalom zugestiegen, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Ein sicherer Betrieb sei nicht mehr möglich gewesen, hieß es vonseiten der Österreichischen Bundesbahn.

Die Beamten sollten die etwa 150 Flüchtlinge an Bord kontrollieren. Wer bereits in Ungarn Asyl beantragt habe, dürfe nicht nach Österreich einreisen, sagte der Polizeisprecher. Die anderen würden mit einem Regionalzug nach Wien gebracht. Sollten sie in Österreich Asyl beantragen, würden sie auf Aufnahmezentren verteilt. Alle anderen würden nicht daran gehindert, nach Deutschland weiterzureisen. In dem Schnellzug befanden sich insgesamt 300 Reisende.

Die Bahn erwartete auch weiterhin Verspätungen auf der Strecke zwischen Budapest und Wien. Für Reisende wollte sie Ersatzzüge bereitstellen.

Update 16.20 Uhr: Fensterscheibe einer Asylunterkunft eingeworfen
Unbekannte haben im schwäbischen Wertingen (Landkreis Dillingen) mit einem Stein eine Fensterscheibe einer Asylunterkunft eingeworfen. Nach Polizeiangaben vom Montag hatten Zeugen beobachtet, wie ein Mann einen etwa 20 mal 20 Zentimeter großen Stein gegen das Fenster warf. Die Scheibe ging dabei zu Bruch. Der Stein landete in einem Raum, indem sich zum Tatzeitpunkt niemand auf. Der Steinewerfer flüchtete mit einem weiteren Mann. Beide riefen fremdenfeindliche Parolen. Verletzt wurde bei dem Vorfall am Samstag niemand.

Update 16.00 Uhr: Brandanschlag in Merseburg
In Merseburg ist es am Sonntag zu einem Brandanschlag auf ein kulturelles Zentrum gekommen. Wie die «Mitteldeutsche Zeitung» in ihrer Online-Ausgabe berichtet, haben Unbekannte eine «Spraydose mit einem Ameisenbekämpfungsmittel an der Eingangstür verkeilt» und diese vermutlich mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet. Das Feuer wurde von zwei Anwohnern des Gebäudes entdeckt und konnte gelöscht werden. Der Stadtrat Daniel Stahnke (SPD) verurteilte den Anschlag. Die Ermittlungen wurden aufgenommen.

Update 14.55 Uhr: Pro Asyl: Zahl der Balkan-Flüchtlinge geht drastisch zurück
Die Zahl der Flüchtlinge aus den Balkan-Ländern nach Deutschland geht nach Informationen der Organisation Pro Asyl drastisch zurück. Pro Asyl berief sich am Montag in Frankfurt am Main auf die bislang unveröffentlichte sogenannte EASY-Statistik für Juli, bei der die Erstverteilung von Asylsuchenden bundesweit erfasst wird. Lediglich für Flüchtlinge aus Albanien wurden demnach weiterhin hohe Zugangszahlen verzeichnet.

Laut Pro Asyl betrug der Anteil der Flüchtlinge aus dem Kosovo, der im Februar den Spitzenwert von 42,7 Prozent erreichte, im Juli weniger als 1,6 Prozent. Ebenso niedrig seien die Anteile für Bosnien-Herzegowina und Montenegro. Für Serbien sei die Quote von zuvor 6,3 Prozent auf 2,4 Prozent gefallen, für Mazedonien von 3,0 Prozent auf 2,3 Prozent. Bei Albaniern betrug der Anteil demnach im Juli zwar 20,9 Prozent, doch deutete sich nach Berichten aus den Transitländern ebenfalls eine sinkende Tendenz an.

53 Prozent aller Flüchtlinge kamen laut Pro Asyl dagegen im Juli aus den Bürgerkriegsländern Syrien (31 Prozent), Afghanistan (9,6 Prozent), Irak (9,6 Prozent), Eritrea (3,8 Prozent) und Somalia (1,4 Prozent). Während die Anerkennungsquote bei Bürgerkriegsflüchtlingen sehr hoch ist, können Flüchtlinge aus den Balkan-Staaten nur in Ausnahmefällen mit einer Anerkennung als Asylberechtigte und einem Aufenthaltsrecht in Deutschland rechnen.

«Die Debatte um sichere Herkunftsländer lenkt von der wahren Herausforderung ab», erklärte dazu Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Hunderttausende Flüchtlinge müssen in Europa aufgenommen und dauerhaft integriert werden.« Pro Asyl wandte sich allerdings auch erneut dagegen, alle West-Balkan-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, da es dort sehr wohl Verfolgung von Roma und Angehörigen anderer Minderheiten gebe.

Derzeit sind Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Für Kosovo, Montenegro und Albanien wird dies diskutiert. EU-Staaten sind grundsätzlich sichere Herkunftsländer. Anders als die EASY-Statistik erfasst die offizielle Asyl-Statistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht die Verteilung eingereister Asylsuchender, sondern die Zahl der gestellten Asylanträge, die aber oft erst mit zeitlicher Verzögerung erfasst werden.

Update 14.30 Uhr: Linke-Fraktion beschließt Handlungskonzept zu Asyl
Vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen hat die Linke-Landtagsfraktion ein Handlungskonzept zum Thema Asyl in Sachsen beschlossen. Zunächst müsse »das hektische Verwaltungs-Chaos bei der Erstaufnahme, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen schnellstmöglich überwunden werden«, betonte Fraktionschef Rico Gebhardt am Montag nach einer Klausursitzung der Angeordneten in der vergangenen Woche. »Dazu schlagen wir unter anderem die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle und einen zivilgesellschaftlichen Asylgipfel vor.« Geht es nach den Linken, soll außerdem der Aufenthalt der Flüchtlinge in den zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen auf drei Wochen begrenzt werden.

Im Mittelpunkt stehe die Integration. »Sachsen kann seinen bisher miserablen Ruf beim Thema Asyl dadurch überwinden, dass wir zu Vorreitern beim Abbau von Integrationshindernissen werden«, erklärte Gebhardt. Für Sprachunterricht, Orientierungskurse und Qualifikationschecks dürfe es deshalb keine Wartezeiten geben.

13.55 Uhr: EU-Kommission sieht keinen Verstoß Ungarns durch Grenzzau
Der durch durch Ungarn errichtete Zaun an der Grenze zu Serbien ist nach Einschätzung der EU-Kommission kein Verstoß gegen europäische Vorgaben. Aus der Stacheldrahtbarriere, die Flüchtlinge von der illegalen Einreise abhalten soll, ergäben sich »keine rechtlichen Konsequenzen« für Budapest, sagte eine Sprecherin der Behörde am Montag in Brüssel. Die Art und Weise der Sicherung der EU-Außengrenzen falle in die nationale Zuständigkeit. Die EU-Kommission sei aber generell der Meinung, dass Zäune insbesondere mit Blick auf die Nachbarstaaten »nicht die richtige Botschaft vermitteln«.

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius hatte die Barriere am Sonntag als Verstoß gegen »die gemeinsamen europäischen Werte« bezeichnet und gefordert, den Zaun wieder abzubauen.

»Europa wird nicht aufgebaut, indem Zäune oder Mauern, sondern indem Brücken errichtet werden«, gab die Sprecherin eine Äußerung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wieder. Denn Zäune und Mauern könnten überwunden werden und würden die Herausforderungen in der Flüchtlingsfrage nicht lösen. Die Kommission werbe deshalb für »alternative Maßnahmen« zur Grenzüberwachung, die auf Risikoanalyse, Zusammenarbeit und Informationsaustausch basiere.

Update 10.55 Uhr: Frankreichs Regierungschef mit EU-Kommissaren bei Calais-Flüchtlingen
Begleitet von Frankreichs Premierminister Manuel Valls haben ranghohe EU-Vertreter am Montag das nordfranzösische Calais besucht, einen der Brennpunkte der Flüchtlingskrise in Europa. EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans und Migrations-Kommissar Dimitris Avramopoulos trafen am Vormittag in der Hafenstadt am Ärmelkanal ein, wo Tausende Flüchtlinge mit dem Ziel Großbritannien festsitzen. Die EU-Kommissionsvertreter und Valls wollen unter anderem das als »Neuer Dschungel« bekannte Flüchtlingslager in Calais besuchen, in dem Tausende Menschen leben. Geplant ist auch ein Besuch am Eurotunnel.

Durch den Eurotunnel oder mit Fähren hoffen die Flüchtlinge aus Ländern wie Afghanistan, Syrien, Eritrea und dem Sudan, nach Großbritannien zu gelangen, wo sie auf ein besseres Leben hoffen. Ende Juli und Anfang August gab es am Eurotunnel in manchen Nächten rund 2000 Fluchtversuche. Paris und London schickten daraufhin mehr Polizisten und errichteten neue Absperrzäune. Die Zahl der Fluchtversuche sank, Calais bleibt aber einer der Brennpunkte der Flüchtlingskrise.

Brüssel hat Frankreich wegen der steigenden Flüchtlingszahlen in Calais bereits sieben Millionen Euro zugesagt. Paris hofft jetzt auf weitere Millionen-Hilfen.

Flüchtlinge: Schulz kritisiert Blockadehaltung vieler EU-Staaten

Im Streit um die Verteilung von Flüchtlingen wirft der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), zahlreichen EU-Ländern ein »unwürdiges Spiel« vor. »Wir haben es nicht mit einem Versagen der EU zu tun, sondern mit einem eklatanten Versagen einiger Regierungen, die sich aus der Verantwortung stehlen«, sagte Schulz der »Welt« (Montagsausgabe). Diese Staaten müssten endlich ihre Blockade beenden. Gegen eine feste Quote zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU sträuben sich vor allem osteuropäische Staaten, aber auch Großbritannien, Irland und Dänemark.

Schulz betonte, dass konkrete Vorschläge für mehr europäische Solidarität in der Flüchtlingsfrage vorlägen. Die Pläne der EU-Kommission und des EU-Parlaments seien am aber am Unwillen einiger nationaler Regierungen gescheitert. »Das ist mehr als zynisch, wenn man sich das tägliche Leid der Flüchtlinge anschaut.« Es gehe schließlich um ein europäisches Problem, das nach einer europäischen Lösung verlange.

Der SPD-Politiker nannte die aktuelle Situation »beschämend«: »Das Mittelmeer wird zum Massengrab, an den Grenzen spielen sich grauenhafte Szenen ab, es gibt gegenseitige Schuldzuweisungen - und bei all dem wird den Menschen, die in größter Not Schutz bei uns suchen, nicht geholfen.«

Gegenüber »Deutschlandfunk« sprach Schulz in einem Interview von »nationalem Egoismus in reinster Form«.

EU-Sondertreffen zu Füchtlingskrise am 14. September

Die EU-Innen- und Justizminister beraten am 14. September bei einer Sondersitzung über die Flüchtlingskrise. Bei dem Treffen solle über die derzeitige Lage und die politischen Maßnahmen »zur Stärkung der europäischen Antwort« auf die steigenden Flüchtlingszahlen diskutiert werden, teilte die luxemburgische EU-Ratspräsidentschaft am Sonntag mit.

Zuvor hatten sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und seine Kollegen aus Frankreich und Großbritannien für ein solches Sondertreffen ausgesprochen. Ziel müsse es sein, konkrete Schritte zu erarbeiten, damit bei der nächsten regulären Ratssitzung am 8. Oktober konkrete Beschlüsse gefasst werden können, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Minister. Sie forderten unter anderem eine EU-weite Festlegung dazu, bei welchen Ländern es sich um sichere Herkunftsstaaten handele. Bislang sind diese Einstufungen auf nationalstaatlicher Ebene geregelt.

Die drei Minister bekräftigten zudem ihre Forderung nach der Einrichtung so genannter Hotspots. Gemeint sind damit Flüchtlingszentren in Ländern wie Italien und Griechenland, wo ankommende Flüchtlinge durch Abnahme von Fingerabdrücken registriert werden und wo dann jene identifiziert werden sollen, die eindeutig schutzbedürftig sind.

Commerzbank-Chef: Deutschland muss mehr für Flüchtlinge tun als andere Länder

Der Chef der Commerzbank, Martin Blessing, hat Sorgen vor einer Überlastung Deutschlands in der Flüchtlingskrise zurückgewiesen. »Es ist gut und richtig, dass wir als eines der wohlhabendsten Länder unsere Verantwortung annehmen und auch mehr tun als andere«, sagte Blessing dem Berliner »Tagesspiegel« (Montagsausgabe). Zudem sei Deutschland angesichts des demografischen Wandels langfristig auf Zuwanderung angewiesen. Allein könne Deutschland das Problem aber nicht lösen, sagte der Vorstandssprecher der Commerzbank.

Natürlich wäre es ideal, wenn die EU eine gemeinsame Linie zur Lösung des Flüchtlingsdramas finden würde, sagte Blessing weiter. »Aber ich weiß nicht, ob das möglich ist. Schließlich ist jedem Regierungschef das eigene Land am nächsten. Und mancher würde die Flüchtlinge lieber im Nachbarland sehen als bei sich - so zynisch das ist.«

Auf die Frage, was seine Bank als zweitgrößtes deutsches Geldinstitut für Flüchtlinge tun könne, etwa Girokonten gewähren, sagte Blessing: »Das tun wir schon jetzt. Allerdings ist das nicht immer einfach.« So schreibe der Gesetzgeber vor, dass Banken ihre Kunden genau identifizieren müssen, um beispielsweise Geldwäsche zu verhindern. »Aber aus bekannten Gründen hat nicht jeder Flüchtling gültige Papiere«, sagte Blessing. Agenturen/nd

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