Wassermelone

TV-Serie »Homeland«

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 3 Min.
»«Homeland» ist rassistisch« prangt an einer Wand - in der TV-Serie »Homeland«. Gewitzten deutsch-ägyptischen Künstlern ist es gelungen, subversive Nachrichten in die umstrittene Serie zu schmuggeln.

Es wird - auch im englischen Original - viel Deutsch gesprochen in der neuen, fünften und seit Oktober in den USA ausgestrahlten Staffel der US-TV-Serie »Homeland«. Gleich die erste Szene zeigt einen christlichen Gottesdienst in Berlin, wo Teile der Serie gedreht wurden. Hier, vor dem deutschen Pfarrer, festigt die ehemalige CIA-Agentin, Drohnenmörderin und Folterexpertin Carrie Mathison (Claire Danes) ihren Glauben, diese Verbrechen im Namen der »richtigen« Konfession verübt zu haben.

Doch auch Arabisch spielt hier eine wichtige Rolle - und das nicht nur wegen der permanent hasspredigenden muslimischen Finsterlinge, die in dieser Serie die islamischen Länder (fast ausschließlich) bevölkern. Denn gewitzten deutsch-ägyptischen Künstlern ist es gelungen, subversive Nachrichten in die Serie zu schmuggeln: Beauftragt, dem Set eines libanesischen Flüchtlingslagers (in Rüdersdorf!) durch islamistische Graffiti Authentizität zu verleihen, sprühten sie »Homeland«-kritische Slogans an die Wände: »Homeland ist rassistisch«, »Homeland ist eine Wassermelone« (= ... ist ein Fake), »Black Lives Matter« und andere Botschaften, die nun unwiderruflich Teil der Serie sind.

»›Homeland‹ hat sich aufgrund einer undifferenzierten, hochgradig tendenziösen Darstellung von Arabern, Pakistanern und Afghanen den Ruf erworben, die voreingenommenste Serie im Fernsehen zu sein«, erklären die Künstler ihre Motivation. Die Gefahr, aufzufliegen, bestand nicht: »In den Augen der Set-Designer waren arabische Schriftzüge bloß eine optische Dreingabe, die die nahöstliche Horror-Fantasie komplettierte, ein entmenschlichtes Posterbild, das eine ganze Region auf Gestalten in schwarzen Burkas und Flüchtlinge reduzierte«, so die Künstler, die nicht dem Klischee des Sprayers entsprechen. Heba Amin etwa ist Gastprofessorin an der American University in Cairo.

Abgesehen vom rassistischen Menschenbild und der politischen Holzhammer-Propaganda ist auch die neue »Homeland«-Staffel (deutscher Start: voraussichtlich im Frühjahr 2016) ziemlich perfekte und verdammt spannende Unterhaltung: Inzwischen lebt Carrie im Exil in Berlin und arbeitet als Sicherheitsberaterin für die Stiftung eines humanitär bewegten Millionärs (Sebastian Koch). Es ist die alte Geschichte einer Geläuterten, die von ihrer finsteren Vergangenheit eingeholt wird. Denn schon bald folgen ihr die Gespenster ihrer blutigen CIA-Arbeit auch in die deutsche Hauptstadt - in Form ihres Anti-Terror-Mentors Saul (Mandy Patinkin).

Die Aktualität elektrisiert: Schon im Vorspann erklingt ein Angela-Merkel-Zitat zu Flüchtlingen, ein dem Snowden-Fall nachempfundenes Datenleak sorgt für Verstimmung zwischen deutschen und US-Behörden, in Syrien tobt der Islamische Staat. Es wird auch nichts verschwiegen: Die moralischen Probleme der US-Politik (Folter, Drohnen, Bombardierungen, Terror-Förderung, Überwachung) werden angesprochen - um sie dann zu rechtfertigen und die Luft aus ihnen herauszulassen.

Extra interessant kann die neue Staffel für Berliner sein, die ihre Stadt in zahlreichen Straßenszenen wiedererkennen können. Eine Faszination für das »typisch Deutsche« äußert sich in entsprechenden Vokabeln: »Frollein«, »Pünktlichkeit« und »Kindergarden«.

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