Rechtsverstöße für maßlose Profitziele

Wolfgang Storz über das Milliardendesaster bei der Deutschen Bank, größenwahnsinnige Manager und eine fragwürdige Berichterstattung zugunsten führender Finanzinstitute

  • Wolfgang Storz
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gehört bei Managern zum guten Ton, abfällig über die Politik zu sprechen; dass Teile der Bevölkerung dies auch gerne tun, macht die Sache nicht besser. Die oft sündhaft hohen Gehälter werden auch mit diesen angeblichen Kompetenzunterschieden begründet: Manager und Unternehmer arbeiteten effizient und kreativ, hätten also, im Gegensatz zur politischen Elite in unserer Demokratie, ihre vielen Millionen verdient. Weil dies so oft und so großspurig behauptet wird und Teile der Bevölkerung diesem »Märchen« anhaltend Glauben schenken, ist es notwendig, sich diese Leistungen immer wieder genau anzuschauen. Es geht dieses Mal nicht um einen Wolfsburger Autokonzern, sondern um eine Bank, die Deutsche Bank, die Elite des deutschen Finanzkapitals. Und es geht um eine Kleinigkeit. Also nicht um die zahllosen Rechtstreitigkeiten, für welche die Bank allein im Jahr 2012 etwa zwölf Milliarden Euro zurückstellen musste. Es geht nicht um die dubiosen Geschäfte mit US-Hypotheken, die Maßschneidereien an den Referenzzinssätzen, die Umsatzsteuerbetrügereien, das eventuelle Reinigen von Rubelschwarzgeldern; Rechtsverstöße im Dienst maßloser Profitziele. Nein, es geht hier um Peanuts, zeigt sich die wahre Unfähigkeit doch meist im Detail und nicht im großen Betrug.

Es ist bereits einige Tage her, als John Cryan sich zum Zustand seiner Bank äußerte. Nur wenige Medien berichteten mit Sinn für das entscheidende Detail, die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« gehörte zu diesen. Ihr Bericht über den ersten öffentlichen Auftritt des neuen und bald alleinigen Vorstandsvorsitzenden trug die Headline: »Die lausige Deutsche Bank«. Um die folgenden von Cryan öffentlich vorgetragenen Befunde genießen zu können, sollten wir uns noch kurz vergegenwärtigen: Kunden- und Marktdaten, deren verlässliche Erhebung und Sammlung, Aufbereitung und Verarbeitung sind die alles entscheidende Ressource einer Bank. Genau diese Datenverwaltung jedoch, so der Befund des neuen Chefs, befindet sich auf dem Niveau eines mies geführten Handwerksbetrieb, wie es in Deutschland vermutlich nicht einen gibt. So hat die Deutsche Bank bis zu 45 IT-Systeme am Laufen, beinahe 40 Prozent von ihnen seien veraltet, und: »Die IT-Systeme arbeiten nicht zusammen, sind oft inkompatibel.«

Bei seinem Auftritt verwendete Cryan auch den Begriff »lousy« - also lausig, veraltet, ineffizient. So wie Vorstandsvorsitzende, im Hauptberuf Vielfachmillionäre, die über viele Jahre hinweg und in Zeiten der Digitalisierung nicht einmal in der Lage sind, dafür zu sorgen, dass die Basisinfrastruktur ihres Unternehmens in Schuss gehalten wird.

Noch ein Blick zurück, um uns zu erinnern, um welche »Kapazitäten« es sich bei diesen Bankmanagern gehandelt hat. So schilderten geradezu ergriffen Anfang September 2011 zwei »Zeit«-Autoren, dass der damals neue Vorstandsvorsitzende Anshu Jain »einer der erfolgreichsten Banker der Welt« und »eine Gewinnmaschine« sei. Sein Vorgänger Josef Ackermann hielt sich selbst für den Größten: So sagte er Anfang 2004 zu Beginn eines spektakulären Prozesses, Ackermann war wegen Untreue angeklagt: »Dies ist das einzige Land, in dem diejenigen, die Erfolg haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden.« Zu dieser Eigenbeschreibung gesellten sich Fremdbeschreibungen wie diese: »Die Art und Weise, wie der Schweizer die Deutsche Bank durch die Finanzkrise führte, sein hohes Ansehen in Politik und Wirtschaft und seine erstklassige internationale Vernetzung ....« So schwärmte die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« im Juli 2011. Bereits im Jahr 2008 war im Berliner »Tagesspiegel« zu lesen, er habe sich seit 2006 »vom meistgehassten Manager Deutschlands zum Vordenker und Hoffnungsträger entwickelt«.

Die These von Soziologen wie Sighard Neckel, Universität Frankfurt am Main, Leistung und Bezahlung seien schon lange entkoppelt, das Ergebnis, hier die Profitrate, sei ausschlaggebend, egal wie es zustande komme, die blanke Inszenierung sei wichtiger als das solide Handwerk, ist erneut überzeugend belegt. Vorschlag zum Verfahren: Nur der Manager darf künftig öffentlich schlecht über die Politik reden, der zuvor die IT-Bilanz der Millionärsmanager Ackermann und Jain dargestellt hat.

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