Ein »Faust« für Mephisto

Theaterpreise verliehen

  • Jörg Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.

Wegen des Terrors in Frankreich hatten die Veranstalter noch am Samstagmittag darüber nachgedacht, die Gala zur Verleihung des Theaterpreises »Der Faust« in Saarbrücken spontan abzublasen. Doch dann entschieden sie anders: »Das wäre ein zutiefst resignatives und absolut falsches Signal«, sagte die Präsidentin des Deutschen Bühnenvereins, Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos), am Abend. Vor der Eröffnung der Gala für den Theaterpreis gedachten die rund 800 Gäste im Saarländischen Staatstheater (SST) bei einer Schweigeminute der Opfer der Pariser Anschläge.

Dann führte Moderator Bernd Moss zweieinhalb Stunden über die Gipfel der deutschen Theaterwelt. Einen »Faust« bekam ausgerechnet Mephisto, wie Schauspielerin Bibiana Beglau, Gewinnerin der Trophäe, scherzhaft anmerkte. Die 44-Jährige wurde für ihre Interpretation von Goethes Teufel in einer »Faust«-Inszenierung des Bayerischen Staatsschauspiels München ausgezeichnet. Sie verband ihre Dankesrede mit einem Appell an ihre Kollegen, das Theater noch weiter zu öffnen - gerade auch für Flüchtlinge: »Wir drehen uns oft um uns selbst.«

»Der Faust« 2015 wurde in neun Kategorien vergeben. Die undotierte Auszeichnung geht an Kulturschaffende, deren Arbeit wegweisend für das deutsche Theater sei. Sie wird von der Kulturstiftung der Länder, der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, dem Deutschen Bühnenverein und einem jährlich wechselnden Bundesland vergeben.

Den »Faust« für den besten Tänzer bekam Alicia Amatriain. Einer der kurzen Trailer, in denen die Nominierten vorgestellt wurde, zeigte, wie ausdrucksstark die Spanierin den Teufel in »Die Geschichte vom Soldaten« beim Stuttgarter Ballett tanzte. Den Preis für die beste Regie im Schauspiel konnte Jette Steckel vom Thalia Theater in Hamburg entgegennehmen. Sie verband den Preis mit der Hoffnung, dass sie auch in Zeiten knapper Kassen »ineffizient, massenuntauglich, aber frei« bleiben könne. In der Kategorie Musiktheater-Regie wurde Andrea Breth von der Oper Stuttgart ausgezeichnet. Nachdenklich berichtete sie von ihrer »Ohnmacht und Ratlosigkeit«, wie Theater mit Terror wie in Paris umgehen soll.

Für sein Lebenswerk wurde der österreichische Opernsänger Franz Mazura geehrt. In ihrer Laudatio würdigte Regisseurin Andrea Moses den 91-Jährigen »als größten Sängerdarsteller«, den sie bisher erlebt habe. Mazura bezeichnete sie als »Weltstar«, der »normal« geblieben und auch in seinem hohen Alter noch »unglaublich wach« sei.

Der rote Teppich vor dem SST fiel kurz aus. Die meisten der großen Schauspielstars hatten angesichts der langen Reise ins Saarland abgesagt, wie es hieß. Prominentester Gast war Susanne Uhlen. Die Schauspielerin hatte die Location abseits der Blitzlichtgewitter von Berlin oder Hamburg gewählt, um sich nach Brustkrebs-OP und Chemotherapie erstmals wieder in der Öffentlichkeit zu zeigen. »Der Abend hat richtig Lust auf Theater gemacht«, sagte die 60-Jährige, die die Anreise aus Köln keineswegs bereute. dpa/nd

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