150 Milliarden Euro Schaden im Jahr

Luxemburg ist nicht der einzige Steuersünder der EU

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

»Alle Unternehmen, kleine wie große, multinational oder auch nicht, müssen ihren gerechten Anteil an den Steuern zahlen«, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, als ihre Behörde Ende Oktober ihr Urteil gegen den italienischen Autobauer Fiat und den US-Kaffeeröster Starbucks gefällt hatte. Zwischen 20 und 30 Millionen Euro müssen beide Unternehmen nun an nicht entrichteten Steuern nachzahlen. Denn die Steuervorbescheide, die die Niederlande Starbucks und Luxemburg Fiat gegeben hatten, waren illegal, entschied Brüssel.

Fiat und Starbucks sind dabei nicht die einzigen schwarzen Schafe, wegen denen die EU-Kommission tätig wurde. Seit Frühsommer 2013 untersucht die Brüsseler Behörde, wie die Mitgliedstaaten in der Praxis bei Steuervorbescheiden vorgehen. Vor knapp einem Jahr richtete sie deswegen an alle EU-Mitgliedsstaaten ein Auskunftsersuchen. »Wir müssen uns einen vollständigen Überblick über die Praxis verbindlicher Steuerentscheide in der EU verschaffen, um feststellen zu können, ob und wo der Wettbewerb im Binnenmarkt durch selektive Steuervergünstigungen verfälscht wird«, so Vestager damals.

Derzeit läuft vor allem noch ein Verfahren wegen Steuervorbescheiden für Apple in Irland und Amazon in Luxemburg. Und auch Luxemburgs Nachbar Belgien steht im Fokus von Ermittlungen seitens Brüssel. So gestattet das Beneluxland multinationalen Unternehmen mit Hilfe solcher Deals, ihre Körperschaftsteuerschuld um jene Gewinne zu mindern, die angeblich nur daher rühren, dass sie einem multinationalen Unternehmen anzugehören und die sie allein nicht erwirtschaften könnten.

Was die EU-Kommission an diesen Deals stört, ist, dass Unternehmen, die keine Vorabentscheide bekommen, im Wettbewerb benachteiligt sind. »Nach den EU-Beihilfevorschriften dürfen die nationalen Behörden keine Maßnahmen ergreifen, die dazu führen würden, dass bestimmte Unternehmen weniger Steuern zahlen als bei einer fairen und nichtdiskriminierenden Anwendung der jeweiligen Steuervorschriften«, sagte etwa der ehemalige EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia bei der Eröffnung der Brüssler Verfahren gegen Apple, Starbucks und Fiat im Juni vergangenen Jahres.

Dabei ist der Schaden immens, den multinationale Unternehmen durch ihre aggressiven Steuervermeidungsstrategien anrichten. So gehen Deutschland allein durch die Tricksereien von US-Konzernen jährlich bis zu sieben Milliarden US-Dollar verloren, wie die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam jüngst in ihrem Bericht »Still Broken« angab. Insgesamt entgehen der Europäischen Union nach Schätzungen der EU-Kommission jährlich rund 150 Milliarden Euro an Steuereinnahmen.

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