Großkonzerne bevorzugt

Linke Europaabgeordnete berieten über nötige Änderungen in der Energiepolitik

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Kurz vor der am Montag beginnenden Klimakonferenz haben linke Abgeordnete aus mehreren EU-Mitgliedsstaaten in Berlin beraten, welche energiepolitischen Akzente sie in Zukunft setzen wollen.

Was hat die Linke im EU-Parlament zur Energiepolitik zu sagen? Am Freitag debattierten Abgeordnete aus mehreren EU-Mitgliedsstaaten und Aktivisten aus dem Bereich der erneuerbaren Energien in Berlin, welche energiepolitischen Akzente die linken Parteien in Zukunft setzen wollen.

Nach einigen Jahren der Förderung erneuerbarer Energie in einzelnen EU-Staaten, darunter auch in der Bundesrepublik, scheinen momentan alle Weichen wieder zugunsten der Gewinne der großen Energiekonzerne gestellt zu werden. Auch die Europäische Kommission tendiere in diese Richtung, und beanspruche in Paris zugleich eine Vorreiterrolle beim Ausbau der erneuerbaren Energien, so die gemeinsame Analyse.

So sorgt sich die linke Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schroeter darum, dass Bürgerinitiativen bei künftigen Ausschreibungen chancenlos sind. Das gegenwärtige deutsche Gesetz über erneuerbare Energien soll 2016 novelliert werden. Ein zufällig bekannt gewordener Entwurf enthalte keine Mechanismen zur Förderung von Bürger-Energieprojekten. Ihr Kollegin Caren Lay hält eine Marktregulierung für nötig. Die Bundesregierung müsse entscheiden, ob sie die vier großen Energiekonzerne oder andere Erzeuger wie Genossenschaften oder Stadtwerke stärken wolle. Die Bundestagsabgeordnete vermisst die oft versprochene Gesetzesnovelle zur Rekommunalisierung der Netze.

Die klimapolitisch absurdeste Konstellation wurde wohl in Spanien herbeigeführt, wo gerade die kleinen Solarstromerzeuger, Privatleute oder mittlere Unternehmen nunmehr als Produzenten gezählt werden und so hohe Abgaben zahlen müssen, dass sich Photovoltaik in dem mit vielen Sonnenstunden gesegneten Land nicht mehr lohnt. Die linke Aktivistin und Europaabgeordnete Paloma Lopez Bermejo beklagte, dass die jetzige konservative Regierung ihres Landes erneuerbare Energien mit bürokratischen Hürden ausbremse. Bereits gezahlte Beihilfen müssten von Investoren zurückgezahlt werden. Auch in Spanien würden fünf große Energieunternehmen bevorzugt. Angesichts der bevorstehenden Schließung einiger asturischer Kohleminen mahnt sie, sich auch gegen Importe von Kohle stark zu machen: »In Kolumbien oder Indonesien existieren besonders schlechte Arbeitsschutzstandards.«

Aus der Region Katalonien kommt zugleich ein Beispiel lokaler Kämpfe gegen Energiearmut. Um Stromabschaltungen bei armen Menschen zu verhindern, gebe es eine Beratung für Betroffene. In Großbritannien setzt sich eine »Fuel poverty action« für würdiges Wohnen in den Städten ein und führt auch dort eine Kampagne gegen die Stromlieferung nur bei Vor-auszahlung. Im EU-Parlament seien die linken Abgeordneten die einzigen, die dort das Thema Energiearmut ansprechen, heißt es bei dem Treffen mit den Aktivisten.

In den negativen Bewertungen war man sich am Freitag in Berlin relativ einig: Der Markt kann Energiewende und Klimaschutz jedenfalls nicht. Für die 2015 gestartete Energieunion setzen die Linkenpolitiker auf gemeinsame Richtlinien und günstige Bedingungen für erneuerbare Energien und auf eine Forschungsförderung zu Speichern und zur Modernisierung der Netze. Hier wurde jedoch vor zu viel Hoffnung gewarnt: Die Technologieneutralität erlaube den Staaten auch die Förderung von Arbeiten zur Atomenergie oder zum Fracking, so die EP-Abgeordnete Cornelia Ernst.

Politisch wird die Hinwendung zu erneuerbaren Energien auch damit begründet, auf diese Weise der Abhängigkeit von russischem Gas zu entkommen. Diese Argumentation bereitet den Linken eher Bauchschmerzen. Sie wollen sich weiter auch für eine wirtschaftliche friedliche Koexistenz einsetzen: »Energiepolitik kann - mit Blick auf Osteuropa und Russland - nicht nur spalten, sondern auch versöhnen«, hofft die Linkenpolitikerin Ernst.

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