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Wenn der Präsident selbst abpfeift

Sieben Tage, sieben Nächte: Regina Stötzel über die Suche nach guten Nachrichten

Es klang nach einer richtig guten Nachricht: Weil das mauretanische Supercup-Finale im Fußball der Männer so schrecklich langweilig war, habe es der Staatspräsident in der 63. Minute beim Stand von 1:1 abgebrochen und angeordnet, sofort zum Elfmeterschießen überzugehen. Welch zukunftsweisende Entscheidung! Wie vielen Tausenden Menschen könnte Wochenende für Wochenende ein bisschen verplemperte Lebenszeit wieder zur freien Verfügung gestellt werden, ginge das Elend in den Stadien nur schneller vorüber. Die überschüssigen Fernsehsendezeiten könnten dann sinnvoll für spannende US-Serien, Tierdokumentationen und Handballspiele verwendet werden.

Aber wie es immer so ist im Leben: Die mauretanischen Fußballfans protestierten gewaltig; der Präsident des dortigen Fußballverbands widersprach der Darstellung und führte »organisatorische Gründe« für den Spielabbruch ins Feld; der »Spiegel«, der das wiederum meldete, will 150 Journalisten entlassen. Im Übrigen ist Staatspräsident General Mohamed Ould Abdel Aziz durch einen Militärputsch an die Macht gekommen, Mauretanien eines der ärmsten Länder der Erde, von dem man hierzulande nicht einmal die Hauptstadt kennt, und das Auswärtige Amt warnt vor Reisen dorthin, weil die Gefahr bestehe, Opfer eines Terroranschlags oder von Al Qaida entführt zu werden.

Ständig sind wir auf der Suche auch nach guten Nachrichten, gerade in Zeiten, in denen man fast nur von Krieg, Terror, Flucht und ESC hört. Dabei stellen wir immer wieder fest, dass es sich um ein schwieriges Unterfangen handelt. Erstens gibt es nur wenige gute Nachrichten. Und die sind zweitens nur relativ gut. Macht Merkel einmal die Grenze auf, wird sie danach ruckzuck dichtgemacht. Wiedergefundene Familienangehörige müssen zuvor verloren gegangen, befreite Geiseln gefangen genommen, gerettete Kätzchen in Not geraten sein. Gewinnt jemand im Lotto, sind Millionen andere leer ausgegangen. Und welche traurigen Schicksale sich hinter der wunderbaren Überschrift »Goldfisch überlebt Großbrand in Krefeld« verbergen mögen, will man lieber gar nicht wissen.

Ein paar richtig gute Nachrichten können doch nicht zu viel verlangt sein. Her damit, sofort! Gute Nachrichten sind für eine sozialistische Tageszeitung nämlich das, was das gute Leben für den Menschen ist. Auch das ist nicht zu viel verlangt, trotz allen Elends in der Welt. Warum das so ist, lesen Sie auf Seite 23.

Wir suchen derweil weiter. Mit etwas Glück finden wir freundliche Wesen im Weltall, wirksame Mittel gegen schlimme Krankheiten und Kätzchen, die einfach nur ihren Spaß haben. Das Ergebnis werden wir Ihnen irgendwann einmal präsentieren. Bis dahin wünschen wir ein richtig gutes Wochenende!

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