Wirrer Weltmeister

Personalie: Tyson Fury sieht nicht nur irre aus, wirr ist auch des Boxers Weltbild

Tyson Fury hat eine erstaunliche Entwicklung genommen. Am 12. August 1988 kam er in Manchester als Frühchen auf die Welt. Sein Körper passte nach Aussage seines Vaters John in dessen Hand, er wog nur 800 Gramm. 27 Jahre später ist Fury 2,06 Meter groß, wiegt 117 Kilogramm und ist seit dem Punktsieg am 28. November gegen den bis dahin elf Jahre ungeschlagenen Wladimir Klitschko Boxweltmeister im Schwergewicht.

Dieser Erfolg ist es aber nicht, der gerade die Massen bewegt. Mehr als 100 000 Briten unterschrieben binnen weniger Tage eine Petition, die den Mediengiganten BBC auffordert, Fury von der Wahlliste zum Sportler des Jahres zu nehmen. Die Aufregung ist berechtigt: Der Boxer hatte in Interviews gefordert, dass Homosexualität ebenso verboten werden müsse wie Pädophilie. Ähnlich beschämend ist, dass sich die BBC bislang weigert, Furys Namen zu streichen, da es bei der Wahl allein um die sportliche Leistung gehe. Weil ein Fernsehzuschauer wegen der homophoben Hetze Anzeige erstattet hat, ermittelt jetzt immerhin die Polizei.

Plötzlicher Ruhm ist es nicht, der Fury das Hirn vernebelt. Wirre Gedanken hatte er schon früher: Doping müsse legalisiert, Abtreibung verboten werden. Und Frauen würden allein »in die Küche und auf den Rücken« gehören.

Furys geistige Entwicklung ist offensichtlich weit hinter seiner körperlichen zurückgeblieben. Warum? Vielleicht weil er, wie er sagt, nur ein Buch besitzt, die Bibel. Vielleicht weil er seit 16 Jahren boxt. Und vielleicht auch, weil das raue Milieu sein Leben ist. Urgroßvater, Großvater, Vater - allesamt waren Faustkämpfer. Sein Vater John, der ihn nach dem berüchtigten US-Boxer Mike Tyson benannte und zudem sein Trainer ist, schlug auch außerhalb des Rings um sich. Als dabei einer seiner Gegner ein Auge verlor, wurde er 2010 zu elf Jahren Haft verurteilt.

»Ich habe keine Lust, Vorbild für Kinder zu sein«, sagt der zweifache Familienvater Tyson Fury. Mit seinem sportlichen Erfolg ist er es für den einen oder anderen leider doch. Und da sind seine Gedanken gefährlicher als sein Schläge.

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