Solidarität mit Flüchtlingen lässt hoffen

Rotes Kreuz: Neuer Fundus an bürgerschaftlichem Engagement / Linkspartei: Menschen haben sich persönlich und politisch entschieden / Blockupy: Neue Aktivitäten grenzenloser Solidarität

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Das Jahr 2015 war von tödlicher Abschottung der Festung Europa, von asylpolitischen Debatten und einem gesellschaftlichen Rechtsruck geprägt. Aber die Auseinandersetzungen um die Hilfe für Geflüchtete haben auch eine neue Solidarität entstehen lassen - von unten. Mal als zivilgesellschaftliches Engagement, mal als politische Bewegung. Darauf haben zum Jahreswechsel Verbände und Parteien hingewiesen, wenn auch mit unterschiedlichen Diktionen. Gemeinsam ist den Äußerungen: Die politischen Umstände haben viele Menschen dazu gebracht, sich zu engagieren - und diese Erfahrung von »Politik im Alltag« wird nicht einfach wieder verschwinden.

Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters, sieht eine dauerhafte Stärkung der Zivilgesellschaft als Folge der breiten Hilfsbereitschaft vieler Bundesbürger für die Flüchtlinge. Die Erkenntnis, dass der Staat diese Herausforderung nicht allein meistern konnte oder wollte, habe einen Fundus an bürgerschaftlichem Engagement hervorgebracht, aus dem »die deutsche Gesellschaft auch bei künftigen Herausforderungen ähnlicher Art schöpfen« werde, sagte Seiters gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Zugleich forderte er für ehrenamtliche Helfer in derartigen Ausnahmesituationen mehr staatliche Unterstützung - etwa durch einen Freistellungsanspruch auf der Arbeit, einen Anspruch auf Lohnfortzahlung, wie es bei Feuerwehren und dem THW bereits gelte. Allein über das DRK haben sich rund 20.000 ehrenamtliche und hauptamtliche Helfer für mehr als 150.000 Flüchtlinge in 450 Notunterkünften eingesetzt.

Beim linken Bündnis Blockupy hieß es, man habe 2015 » eine rasante Intensivierung der Kämpfe von Migranten und Geflüchteten für ihr Recht auf Bewegungsfreiheit« erlebt. »Quer durch Europa entwickeln sich neue Aktivitäten grenzenloser und praktischer Solidarität. Sie zeigen uns, dass die Kämpfe für ein Europa von unten weitergehen«, so das kapitalismuskritische Netzwerk. Es gebe viele lokale und grenzüberschreitende Initiativen, in denen »das Potenzial für einen Bruch sowohl mit dem Grenzregime als auch mit dem Spardiktat« stecke. Diese Initiative seien »zugleich hoffnungsvolle Zeichen für eine neue Dynamik und einen möglichen Aufbruch in eine andere, offenere Gesellschaft.« Blockupy will im kommenden Februar auf einem Ratschlag in Berlin darüber beraten, »wo sich Verbindungen knüpfen lassen zwischen Demokratie und sozialer Frage, zwischen lokalen und europaweiten Kämpfen von unten gegen alte und neue Austeritäts- und Grenzregime.«

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, Petra Sitte, sagte zum Jahreswechsel, »für viele Menschen hat sich der Blick auf Politik, auf das Weltgeschehen verändert. Es hat viele gezwungen sich zu diesem Weltgeschehen ganz persönlich zu verhalten, weil es in Form von schutzsuchenden Männern, Frauen und Kindern in einer Notunterkunft vor der eigenen Haustür stand«. Dies habe im vergangenen Jahr »die deutsche Öffentlichkeit, vielleicht die deutsche Gesellschaft auch gespalten«. Aber viele waren bereit, »sofort und ohne zu zögern« zu helfen. Die Linkspartei stehe auf der »Seite all derjenigen, die selbstlos Hilfe leisten«, und versuche, sie »wo wir können« politisch zu unterstützen, etwa »vor Ort in Notunterkünften und Beratungsstellen«.

Auch Kanzlerin Angela Merkel sprach die Hilfsbereitschaft an. Die CDU-Chefin dankte den Bürgern für ihr bisheriges Engagement für Flüchtlinge. »Danke für die überwältigende und tatsächlich bewegende Welle spontaner Hilfsbereitschaft, die wir in diesem Jahr erleben durften.« Sie hob den Einsatz und die »Herzenswärme« der freiwilligen Helfer hervor, aber auch die Leistungen von Polizisten, Soldaten und Behördenmitarbeitern. Alles zusammen hätten Herausragendes geleistet. Zum Abschluss ihrer Neujahrsansprache wiederholte sie ihre häufig zitierte Devise: »Wir schaffen das, denn Deutschland ist ein starkes Land.«

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel äußerte sich in einer kurzen Mitteilung im Sozialen Netzwerk Facebook zum neuen Jahr, sprach darin aber das Engagement für die Geflüchteten nicht an. mit Agenturen

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