Kein Vertrauen in »Made in Germany«

Edelman Trust Barometer untersucht weltweite Zustimmung in Institutionen

  • Jan Brock
  • Lesedauer: 3 Min.
Weltweit vertrauen die Menschen immer mehr ihren Regierungen, Unternehmen und Medien. Nur in Deutschland sinkt das Vertrauen zunehmend. Erstaunlich an der Studie ist auch: Vertrauen ist ganz klar eine Frage des Einkommens.

Die globale Studie Edelman Trust Barometer untersucht die jährliche Veränderung des Vertrauens der Bevölkerung zu Regierung, Wirtschaft, Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Dabei zeigen sich zwei erstaunliche Phänomene. Zum einen zeigt sich, dass Vertrauen in Institutionen sehr stark mit dem Bildungsgrad und dem Einkommen zusammenhängt und hier eine regelrechte Kluft zwischen den sehr gut gebildeten 15 Prozent und dem Rest der Welt besteht. Und dann wäre da noch der Vertrauensverlust in Deutschland, der im Gegensatz zu anderen Ländern, deutlich gestiegen ist.

Erstmals seit vier Jahren vertraut die Elite in Deutschland nicht mehr ihrer Kanzlerin Angela Merkel und deren Kabinett. Unter den Befragten der »informierten Öffentlichkeit« – Menschen mit einem überdurchschnittlichen Haushaltseinkommen und einem Hochschulabschluss, die intensiv Medien nutzen – vertrauen nur noch 45 Prozent der Regierung Merkel und ihren Ministern, ein Rückgang um fünf Prozentpunkte nach drei stabilen Jahren. Von den restlichen 85 Prozent der Befragten, die von der Studie »allgemeine Bevölkerung« genannt werden, vertrauen sogar nur 35 Prozent der Kanzlerin.

»Sucht man nach den Gründen für den Vertrauensverlust in die Regierung, zeigt sich, dass die Befragten der Regierung kaum zutrauen, die akuten Probleme in unserer Gesellschaft zu lösen«, sagt Susanne Marell, CEO von Edelman.ergo. Das Ergebnis ist deshalb so überraschend, da Regierungen ansonsten weltweit in ihrem Ansehen gewachsen sind. So vertrauen 51 Prozent der Eliten weltweit ihrer Regierung.

Insgesamt zeigt sich, dass in Deutschland das Vertrauen eher gering ausfällt. Während weltweit 60 Prozent der Menschen mit sehr hohem Einkommen in Institutionen vertrauen und immer noch 46 Prozent der restlichen Bevölkerung, vertrauen in Deutschland nur 44 Prozent der Wohlhabenden und 37 Prozent der Menschen mit niedrigeren Einkünften ihren Institutionen. Vertrauen ist der Studie nach deutlich abhängig vom Einkommen. Besonders gut zusehen an den USA, wo ganze 71 Prozent der Wohlhabenden an die Institutionen glauben und nur 40 Prozent der restlichen Bevölkerung.

Auch die Automobilbranche hat einen Dämpfer versetzt bekommen. Noch vor einem Jahr spielten Autohersteller und Zulieferer in der Liga der Top-Branchen. Mit 61 Prozent lag ihr Vertrauenswert gleichauf mit der global seit Jahren glaubwürdigsten Branche Technologie. 2016 hat sich das Bild rapide gewandelt: Nach dem Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen brach der Vertrauenswert um 20 Prozentpunkte auf 41 Prozent ein. Kritischer werden nur Pharmahersteller (38 Prozent) und der Finanzsektor (32 Prozent) beäugt.

Gleichzeitig verdeutlich die Studie, dass das Vertrauen in traditionelle Medien zunehmend schwindet. Die Menschen vertrauen ihren Zeitungen und Fernsehen nicht mehr so wie früher. Dafür bekommen die Onlinemedien eine größere Bedeutung. Suchmaschinen haben dagegen deutlich auf- und traditionelle Medien fast eingeholt: Von 46 Prozent im Jahr 2012 auf heute 56 Prozent. Besonders augenfällig ist in diesem Jahr der rapide Vertrauensgewinn von Medien, die nur im Internet erscheinen, die nun 46 Prozent der Befragten für glaubwürdig halten (plus elf Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr, seit 2012 plus 16 Prozentpunkte).

Das Edelman Trust Barometer ist eine jährliche Studie der Communications Marketing Agentur Edelman zu Vertrauen in Regierungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Unternehmen und Medien, die in diesem Jahr zum 16. Mal durchgeführt wurde. Die Umfrage wurde von der Marktforschungsfirma Edelman Berland entwickelt, die Datenerhebung erfolgte mithilfe von 20-minütigen Online-Interviews. Der Erhebungszeitraum lag zwischen dem 13. Oktober und 16. November 2015. Für das Edelman Trust Barometer 2016 wurden in 28 Ländern jeweils 1.150 Personen über 18 Jahre aus der allgemeinen Bevölkerung sowie 200 weitere (USA und China: 500) Meinungsführer im Alter von 25 bis 64 Jahren befragt.

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