Ein Blick ins Eingemachte

Mietrecht: Grundbuchamt

  • Lesedauer: 3 Min.
Für Mieter ist es wichtig, wer als Eigentümer des Hauses oder der Wohnung im Grundbuch eingetragen ist. Auch, ob eine Wohnung mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde oder ob eine Zwangsversteigerung ansteht, ist von Interesse. Die Einsichtnahme ins Grundbuch liefert Informationen, die ansonsten im Verborgenen bleiben.

Ein Grundbuch ist ein öffentliches Register, in das sämtliche Grundstücke mit ihren Eigentumsverhältnissen eingetragen sind. Jedes Grundstück erhält ein eigenes Grundbuchblatt mit einer laufenden Nummer. Parallel zum elektronisch geführten Grundbuch wird eine Grundakte angelegt. Hier werden die Dokumente gesammelt, die zu den Eintragungen im Grundbuch gehören (etwa der notarielle Kaufvertrag).

Für Einsicht berechtigtes Interesse nachweisen

So funktioniert die Einsichtnahme

In Berlin gibt es acht Grundbuchämter, die den Amtsgerichten zugeordnet sind. Man kann persönlich vorbeigehen oder per Post oder Fax einen schriftlichen Antrag auf Einsichtnahme stellen. Mitbringen muss man den Personalausweis sowie den Mietvertrag. Eine mündliche Auskunft ist kostenlos.

Ein einfacher Grundbuchauszug kostet 10 Euro, ein amtlicher Ausdruck 20 Euro. Die Ausdrücke werden grundsätzlich nicht per E-Mail oder Fax übersandt. Online-Service für 29,95 Euro bei ImmobilienScout24 (Versendung des Grundbuchauszugs per E-Mail binnen 4 Stunden).

Adressen der Berliner Grundbuchämter sowie Informationen zum Verfahren unter www.berlin.de/sen/justiz/ gerichte/kg/grundbuch

Für Mieter kann die Einsichtnahme vor allem bei einem Eigentümerwechsel oder einer Insolvenz des Vermieters nützlich sein. Häufig besteht dann Unklarheit darüber, wer überhaupt rechtmäßiger Eigentümer ist und an wen die Miete überwiesen werden muss. Nicht selten stellt sich der Neue auch gleich mit einer Mieterhöhung oder einer Modernisierungsankündigung vor.

Doch ohne eine Ermächtigung des alten Eigentümers ist das unzulässig. Das gleiche gilt für Kündigungen. Volle Eigentümerrechte gibt es nämlich erst nach erfolgter Eintragung ins Grundbuch - und die kann nach Abschluss des Kaufvertrages mehrere Monate dauern.

In das Grundbuch kann jeder Einsicht nehmen, der ein berechtigtes Interesse darlegen kann. Es ist unumstritten, dass Mieter für ihr Wohnhaus ein solches berechtigtes Interesse haben. Als Nachweis reicht der Mietvertrag. Aber auch für eine andere Wohnung kann man Daten erfragen, nämlich dann, wenn man beabsichtigt, diese Wohnung anzumieten oder zu kaufen. Ein berechtigtes Interesse besteht zudem, wenn man nach einer Eigenbedarfskündigung prüfen will, ob der Vermieter noch andere eventuell freiwerdende Wohnungen hat.

Doch es gibt eine wichtige Einschränkung: Mieter dürfen grundsätzlich nur die Abteilung I des Grundbuchs einsehen. Hier sind lediglich der Name des aktuellen Eigentümers sowie die Grundlage dieser Eintragung (Auflassung, Zuschlag im Versteigerungsverfahren oder Erbfolge) vermerkt. Die wesentlich aufschlussreichere Abteilung II ist Mietern in der Regel nicht zugänglich. Hier sind Lasten und Beschränkungen des Grundstücks eingetragen, also etwa Vorkaufsrechte, Erbbaurechte, Zwangsversteigerungs- und Insolvenzvermerke sowie der sogenannte Nießbrauch. Des Weiteren findet sich in der Abteilung II die wichtige Eintragung einer Auflassungsvormerkung, das heißt die Vormerkung eines Käufers. Die Informationen über Grundpfandrechte (Grundschulden, Hypotheken) in der Abteilung III sind für Mieter ebenfalls nicht zugänglich.

Was tun also, wenn man beispielsweise herausfinden will, ob es bereits einen vorgemerkten Käufer gibt? Grundsätzlich gilt: Wer sachliche Gründe vorbringen kann, hat durchaus Chancen, auch diese Informationen zu erhalten. Reine Neugierde reicht jedoch nicht aus.

Unterschiedliche Praxis in den Ämtern

In der Handhabung gibt es zwischen den acht Berliner Grundbuchämtern offenbar große Unterschiede. Während einige Mieter Mühe haben, Auskünfte aus der Abteilung I zu erhalten, berichten andere, dass Behördenmitarbeiter sie sogar auf den Bildschirm schauen ließen. Bei einem Testbesuch im Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg wurde für eine mündliche Auskunft weder nach dem Grund noch nach dem Mietvertrag gefragt.

Frank Maciejewski, Rechtsexperte beim Berliner Mieterverein, empfiehlt Mietern, stets nachzufragen, ob ein sogenannter Nießbrauch bestellt ist. Ein Nießbrauchnehmer tritt faktisch in die Vermieterstellung ein, ohne Eigentümer zu sein. »Mieter haben ein Recht darauf, das zu erfahren - schließlich geht es auch um die Frage, gegen wen der Mieter gegebenenfalls Klage zu erheben hat«, erklärt Maciejewski. Ansonsten gibt es noch die Möglichkeit, einen Anwalt zu beauftragen. Zwar muss der ebenfalls ein berechtigtes Interesse vorweisen. Aber in der Regel wird der Sachbearbeiter hier großzügiger verfahren - schließlich genießen Rechtsanwälte einen gewissen Respekt.

Aus: MieterMagazin 12/2015

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