2015 laut BKA: 13 Sprengstoffanschläge auf Asylunterkünfte

Landtag in Sachsen debattiert über hohe Zahl rassistischer Übergriffe / Kriminalbeamte in Sorge: »Nur noch eine Frage der Zeit, bis wir einen Toten zu beklagen haben«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Im vergangenen Jahr sind von den Behörden 13 Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte offiziell registriert worden. Das geht aus Angaben der Bundesregierung hervor, welche die Linksfraktion verlangt hatte. Wie die »Tageszeitung« berichtet, führt das Bundeskriminalamt allein neun der Fälle, bei denen wegen Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion oder Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz ermittelt wird, im letzten Quartal.

Fünf Angriffe wurden in Sachsen registriert, vier in Brandenburg, zwei in Mecklenburg-Vorpommern und jeweils eine in Thüringen und Nordrhein-Westfalen. Zuletzt hatte der musmaßliche Anschlagsversuch im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen Schlagzeilen gemacht, bei dem eine Handgranate auf ein Flüchtlingsheim geworfen wurde, die aber nicht explodierte. Immer wieder hatten zuletzt offizielle Statistiken über die steigende Zahl rechter Angriffe und Anschläge auf Flüchtlinge, deren Unterkünfte und Helfer für Empörung gesorgt. Laut BKA gab es auch in diesem Jahr schon 57 Gewaltdelikte gegen Asylbewerber.

Der sächsische Landtag beschäftigt sich am Mittwoch mit Angriffen auf Flüchtlinge und Helfer. Das Thema kam auf Antrag der Linken auf die Tagesordnung. Nach Angaben der Informationsplattform »Mediendienst Integration« führte Sachsen 2015 die Liste ausländerfeindlicher Übergriffe und Aktionen an. Den Linken geht es aber auch um die Verantwortung des Regierung für den Rechtsstaat. Deshalb soll zugleich über die von Sachsen installierte Wachpolizei und die umstrittenen Bürgerwehren diskutiert werden. Flüchtlinge spielen auch am Nachmittag in einem Antrag von CDU und SPD eine Rolle. Sie fordern die Regierung auf, sich auf allen Ebenen für eine gerechte Verteilung Geflüchteter in Europa einzusetzen.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter beobachtet die steigende rechte Gewalt gegen Flüchtlinge mit großer Sorge. »Es ist eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis wir einen Toten zu beklagen haben«, sagte der Vorsitzende André Schulz der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die gewachsene Zahl von Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte. Rechte Gruppierungen würden die derzeitige Situation ausnutzen, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Das Personal der Polizei reiche an allen Ecken und Kanten nicht, erklärte Schulz. Die Defizite seien seit Jahren bekannt. »Das ärgert uns.«

Gewalt gegen Flüchtlinge und die erhöhte Terrorgefahr in Deutschland sind Themen bei den 10. Berliner Sicherheitsgesprächen, die der Bund Deutscher Kriminalbeamter an diesem Mittwoch ausrichtet. Die Veranstaltung steht unter dem Motto: »Flüchtlinge, Asylbewerber und Migranten: Deutschland zwischen Willkommenskultur und rechtem Terror.«

Von der Politik erwartet Schulz eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen. Es sei allerdings klar, dass es hier keine nationalen Lösungen geben könne. »Das ist ein internationales Problem.« Wichtig sei es, einen Überblick zu haben, wer sich überhaupt im Land aufhalte, um die Kontrolle zu wahren. Zahlreiche Zuwanderer seien mittlerweile aus den Aufnahmeeinrichtungen verschwunden, ohne dass man wisse, wo sie sich befinden. »Die derzeitige gesellschaftliche Situation belastet auch die Polizei«, sagte Schulz. Agenturen/nd

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