Ein Flüchtling lässt Werder Bremen jubeln

Ousman Manneh trifft zum Sieg gegen Leverkusen

  • Carsten Lappe, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Ousman Mannehs Geschichte klingt wie ein Märchen. Sie ist ein Lichtblick in der so komplizierten Frage der Bewältigung der Flüchtlingskrise. Der vor zwei Jahren als Teenager aus Gambia geflohene 19 Jahre alte Fußballer ist ein Glücksfall für Werder Bremen. »Ist das wirklich wahr? Habe ich ein Tor geschossen? Mein größter Traum ist wahr geworden«, sagte Werders Matchwinner nach dem 2:1 gegen Bayer Leverkusen.

Der Stolz über seinen Werdegang war Manneh deutlich anzumerken. Der vom neuen Werder-Chefcoach Alexander Nouri aus der dritten Liga zu den Profis hochgezogene Manneh schoss gegen Bayer in seinem vierten Bundesligaspiel sein erstes Tor. Als erster Gambier überhaupt. »Ich weiß nicht, ob ich das nur träume«, meinte Manneh. Eine seiner ersten Handlungen hernach dürfte der Griff zum Telefonhörer gewesen sein. Daheim in Gambia wartete die Mutter auf Neuigkeiten. »Ich spreche jeden Tag mit meiner Mutter. Sie ist sehr stolz, obwohl sie nichts von Fußball versteht«, berichtete Manneh, der auch nach zwei Jahren noch alleine im einst fremden Land ist.

2014 kam er unter Strapazen, die sich nur erahnen lassen, nach Deutschland. Darüber sprechen will Manneh lieber nicht. »Ich muss nicht immer wieder danach gefragt werden, denn dann erinnere ich mich an das, was passiert ist. Und dann kommt alles wieder hoch.« Manneh hatte Glück im Unglück. Aus einem Flüchtlingsheim in Bremen Lesum startete der damals 17-Jährige im Sommer 2014 seine Bewerbungstour in der Region. »Seit ich klein war, wollte ich immer nur Fußball spielen. Auch, als ich nach Bremen kam.«

Sein außergewöhnliches Talent wurde erkannt. Zunächst vom Blumenthaler SV, der ihn in der A-Jugend-Regionalliga spielen ließ. In einem Vorbereitungsturnier schoss Manneh in einer Partie über zweimal 30 Minuten gegen den damaligen A-Jugend-Bundesligisten SV Meppen fünf Tore. »Ousman ist spielend leicht an den Gegnern vorbei gegangen. Das war nicht normal«, erzählte sein damaliger Coach Fabrizio Muzzicato, dem sofort klar, »dass Ousman wohl nicht lange bei uns sein wird.«

Nach 15 Toren in elf Spielen bemühten sich der HSV, St. Pauli, Schalke und Werder um das Juwel. Die Bremer machten das Rennen, weil sich Manneh hier bestens integriert fühlte: »Bremen ist mein zweites Zuhause geworden. Hier habe ich Freunde gefunden. Warum soll ich also weggehen?«

In der Reserve hatte Manneh das Glück, in Trainer Nouri auf einen Förderer zu treffen. Schon als Nouri zum Interimscoach der Profis auserkoren wurde, setzte er auf ihn. »Ich bin nur sein Trainer«, meinte Nouri. Manneh sieht das anders: »Seine Bedeutung ist immens. Dass ich hier bin, habe ich nur ihm zu verdanken. Ich frage mich immer: Wie ist das nur möglich? Ich bin so froh, dass der Trainer mir die Chance gegeben hat.«

Sätze wie diese dokumentieren die ganze Bescheidenheit des jungen Gambiers, die ihn bei seinen Kollegen sehr beliebt machen. »Er ist ein guter Junge«, befand Kapitän Clemens Fritz stellvertretend: »Er ist offen, fragt viel nach. Seine Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Er wird uns noch viel Freude bereiten.« dpa/nd

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